„Die Nacht ist vorgedrungen...“

„Die Nacht ist vorgedrungen…“

„Die Nacht ist vorgedrungen, / der Tag ist nicht mehr fern. / So sei nun Lob gesungen / dem hellen Morgenstern! / Auch wer zu Nacht geweinet, / der stimme froh mit ein. / Der Morgenstern bescheinet / auch deine Angst und Pein“. So beginnt Jochen Kleppers bekanntes Adventslied (EG 16). In Offenbarung 22,16 bezeichnet sich Jesus als der helle Morgenstern. Damit ist der Planet Venus gemeint, der in der Morgendämmerung, bevor die Sonne aufgeht, am Himmel steht.

Einst wird Gott, das Licht selbst, alles überstrahlen (Off 22,5), aber noch ist Nacht, noch wird geweint, noch leiden wir unter Angst und Pein. „Noch manche Nacht wird fallen / auf Menschenleid und -schuld“, beginnt Strophe 4. Als Klepper diese Zeile 1938 schrieb, war es in Deutschland dunkle Nacht. Wegen seiner jüdischen Frau verlor der Autor und Journalist seine Arbeitsmöglichkeit. Um der Deportation in die Lager im Osten zuvorzukommen, schied die Familie am 11. Dezember 1942, vor 80 Jahren, selbst aus dem Leben.

Mit Jesus ist das Licht in die Welt gekommen (Lk 2,32), aber noch leuchtet es in der Finsternis (Joh 1,5). Noch ist der Tag nicht angebrochen, und so mangelt es nicht an Tragödien im Leben der Menschen. Auch Kleppers Leben endete tragisch, aber er ging heim zu seinem Erlöser. Mit seinen Liedern und Gedichten weist er bis heute auf den „Stern der Gotteshuld“ hin, der Licht auf die Menschen werfen will.

Der Morgenstern gibt Orientierung und Hoffnung. In dunklen Zeiten, in denen sich die Krisen häufen, Gräben das Hasses und des Misstrauens aufgerissen werden und die Aussichten sich eintrüben, gibt es kaum etwas Wichtigeres. Die Sonne prangt groß und strahlend für alle sichtbar am Himmel; der Morgenstern muss dort entdeckt werden. Weihnachten feiern alle; Christen verkünden mit Klepper: Seht hin auf Gott, der im Dunkel wohnen, es erhellen will. Das Weihnachtsfest gibt dazu eine gute Gelegenheit. – „Wer schuldig ist auf Erden, / verhüll nicht mehr sein Haupt. / Er soll errettet werden, / wenn er dem Kinde glaubt.“

(Foto: Martin Kainz)