„Teeme ära!“ – viel Gutes kommt aus Estland
Die Esten gelten gemeinhin als etwas langsam. Und tatsächlich sind sie von skandinavischer Besonnenheit und Zurückhaltung. Doch man unterschätze dies Völkchen von gerade einmal einer guten Million keinesfalls! Mit Neid blicken viele europäische Politiker in den Nordosten, wo die Wirtschaft weiter wächst und die Staatsverschuldung traumhaft niedrig ist. Ein Erfolgsrezept: Innovationen. Im nördlichsten der drei baltischen Staaten wurde z.B. „Skype“ entwickelt, der weltweite führende Dienst für das Telefonieren übers Internet. Schon früh setzte Estland auf moderne Medien und Technik, ist vernetzt wie kaum ein anderes Land.
Aber die Esten sind nicht nur ein Volk der Technikbegeisterten. 2007 setzten sich ein paar junge Leute zusammen und riefen die Aktion „Teeme ära!“ ins Leben, auf Deutsch etwa „Lasst es uns machen“. Die Idee: Freiwillige sammeln den Müll ein, der nach der Schneeschmelze jedes Frühjahr zu Tage tritt und den öffentlichen Raum verschandelt. Natürlich ist dies auch Aufgabe der Kommunen, doch die Initiative der Bürger ist genauso gefragt. Und sie kann eine ganz andere Dynamik entfalten. Schon im ersten Jahr konnten im kleinen Estland 50.000 mit Müllsäcken bewaffnete Freiwillige mobilisiert werden. Im folgenden Jahr griffen auch Letten und Litauer die Idee auf. In Litauen beteiligten sich 2008 nur ein paar Tausend an „Darom!“, doch mit dem folgenden Jahr nahm die Bürgeraktion (immer an einem Samstag im April oder Mai) richtig Fahrt auf: die Teilnehmerzahl stieg von 70.000 (2009) auf über 200.000 (2012) – und das bei gerade 3 Millionen Einwohnern (in Deutschland entspräche dies 5,5 Millionen). Inzwischen gehört auch für Spitzenpolitiker die Teilnahme zum gutem Stil (auf dem Foto links Ex-Premier Kubilius). Selbst die Präsidentin geht mit guten Beispiel voran und packt in den Dreck. 2013 konzentrierte man sich in Litauen erstmals auf die Müllnester in den Wäldern.
Mittlerweile hat die Aktion aus dem Baltikum weltweit Nachahmer gefunden. In etwa hundert Ländern wird unter dem Motto „Let‘s do it!“ (s. http://www.letsdoitworld.org/) dem Müll der Kampf angesagt.
Nachtrag vom Mai 2014: hier ein Beitrag des ZDF-Auslandsjournals über Let`s do it! in Estland.