Vor 45 Jahren: „Kaunasser Frühling“

Vor 45 Jahren: „Kaunasser Frühling“

Anfang 1969 verbrannte sich in Prag Jan Palach – ein Protest gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings im Jahr zuvor. Drei Jahre später folgte ein fast gleichaltriger Litauer dem Beispiel des Tschechen: Am 14. Mai 1972, vor genau 45 Jahren, übergoß sich mitten im Zentrum von Kaunas Romas Kalanta mit Benzin und zündete sich an. Kurz nach dem Ausruf „Freiheit für Litauen!“ verlor der Neunzehnjährige das Bewußtsein und verstarb am folgenden Tag.

R.Kalanta

Wählte aus Protest den Freitod: Romas Kalanta

Der katholisch erzogene Abendschüler Kalanta war 1971 aus der kommunistischen Jugendorganisation geflogen. Ob ihn nun die Hippiebewegung oder die Partisanen im Nachkriegslitauen inspiriert hatten, ist unklar. In jedem Fall wollte er ein Zeichen gegen die sowjetische Besatzung setzen. Der Tote wurde offiziell für geisteskrank erklärt und als Drogensüchtiger bezeichnet – ein Urteil, das 1989 wieder aufgehoben wurde. Erst 1982 durften die Angehörigen einen Grabstein errichten.

An den folgenden Tagen im Mai 72 strömten bis zu dreitausend überwiegend junge Menschen auf die Straßen (s.o. Foto) –  erste Massendemos in der Sowjetunion! Die Sicherheitskräfte mußten an die 7000 Männer mobilisieren, um den kurzen „Kaunasser Frühling“ zu unterdrücken. Es kam zu 400 Festnahmen von „asozialen Elementen“.

Heute gilt Kalanta als Nationalheld. Der 14. Mai wurde zum „Tag des bürgerlichen Widerstands“ erklärt. Vor fünfzehn Jahren weihte man am Ort der Verbrennung unweit des Musiktheaters und des Rathauses der Stadt ein Denkmal ein.

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Kalanta-Gedenkstelle am 14. Mai 2017

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„Romas Kalanta 1972“ am Ort der Selbstverbrennung