Mare Balticum

Mare Balticum

Über viele Jahrhunderte waren die Litauer kein Seefahrervolk. Schließlich siedelte dieser baltische Stamm auch nicht an dem Meer, das der Sprachgruppe später den Namen gab: Mare Balticum (so als erster wohl Adam von Bremen im 11. Jhdt.), Baltische See oder Ostsee (den Begriff „baltisch“ für die Sprachen Altpreußisch, Lettisch und Litauische führte übrigens erst Mitte des 19. Jhdts. der deutsche Sprachforscher Georg Heinrich Ferdinand Nesselmann ein). An der Küste vom heutigen Ventspils in Lettland im Norden bis zum Frischen Haff, nun Polen, im Süden siedelten die Kuren. Ähnlich den Wikingern gingen sie im Mittelalter auf Raubzüge im Ostseeraum. Der Kurischen Nehrung gaben sie den Namen. Später gingen sie im lettischen Volk auf.

Das Großfürstentum Litauen hatte später nur einen Ostseehafen: Palanga. Dieser erlebte um 1600 eine Blüte, versandete aber nach 1700. Im Zarenreich gehörte der Landstrich zwischen dem deutschen Memel und der heutigen lettischen Grenze dann zum Generalgouvernement Kurland. Nach dem I Weltkrieg gelangte dieser Teil der Ostseeküste mit Palanga und Šventoji zu Lettland. Litauen und Lettland nahmen jedoch Gebietsänderungen zum gegenseitigen Nutzen vor, und so erhielt das unabhängige Litauen 1921 doch noch einen kleinen Zugang zur Ostsee. 1923 wurden Memel/Klaipėda und das gesamte Memelland von Litauen besetzt, das unter Verwaltung der Franzosen im Auftrag des Völkerbundes gestanden hatte.

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Litauen noch ohne Zugang zum Meer – 1918 in Deutschland gedruckte Landkarte

 

Damit wurde aus Litauen ein richtiger Ostseeanrainer. Um den neuen Status als maritimes Land zu unterstreichen, rief man den „Tag des Meeres“ ins Leben. Erstmals in kleinerem Rahmen 1925 in Palanga veranstaltet gilt der August 1934 als Beginn dieser Feier. Im März 1939 ging der wichtige Hafen von Klaipėda durch die Angliederung an Deutschland schon wieder verloren. Gleichsam zum Trotz veranstalteten die Litauen im gleichen Jahr in Palanga gleich eine ganze „Meereswoche“.

In der Sowjetunion wurde die Tradition weitergeführt. Aus dem „Tag des Meeres“ wurde in den 60er Jahren das „Fest der Fischer“ – natürlich musste eine Arbeitergruppe in den Mittelpunkt rücken.  1980 wurde daraus das „Meeresfest“ (Jūros šventė), das nun immer am letzten Wochenende im Juli gefeiert wird. Manche Elemente dieser Feierlichkeiten verschwanden wie eine Art Karnevalsumzug, andere kamen hinzu wie vor einigen Jahren eine Flottenparade. In diesem Jahr fand das Volksfest zum 55. Mal statt, und wie immer ist die Stadt in den Tagen überlaufen.

Das diesjährige Meeresfest hatte gutes Wetter erwischt, doch der gesamte Juli war auch für litauische Verhältnisse ungewöhnlich kühl und nass. Die Tourismusbranche ist kaum zufrieden und hofft auf Sonne im August. Doch auch wenn der Wind um die Ohren pfeift und die Brandung schon weit zu hören ist, hat die litauische Ostseeküste, die gut einhundert Kilometer zwischen Nida auf der Nehrung und Sventoji kurz vor der lettischen Grenze, immer einige zu bieten. Viel Platz in jedem Fall.

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Dünen südlich von Juodkrantė auf der Kurischen Nehrung, Blick aufs Haff.

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Dünen südlich von Juodkrantė, Blick Richtung Ostsee

Ostsee bei Nida

Ostsee bei Nida, Sommer 1993

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An der „Holländischen Mütze“ nördlich von Klaipėda