Von der Aktualität eines Un-Themas

Von der Aktualität eines Un-Themas

Anfang Juli waren drei prominente Frauen bei „Günther Jauch“ zu Gast. Ganz im Mittelpunkt stand Hillary Clinton, die als Außenministerin die Exekution von Osama Bin Laden unterstützt hatte. Margot Käßmann hielt dagegen: „Die Todesstrafe zu verhängen halte ich als Christ für ein ganz großes Problem“. Damit rannte die Ex-Bischöfin – einmal wieder – Türen ein, die schon lange meilenweit offen stehen. Zumindest in Europa.

Auch EKD-Amtsnachfolger Nikolaus Schneider nannte vor einigen Jahren Hinrichtungen einen „Akt barbarischen Handelns“. Kaum einer widerspricht in Deutschland, lebt man doch immer noch im Schatten des „Dritten Reiches“: unter den Nazis wurden etwa 16.500 Todesurteile vollstreckt, all die unzähligen Erschießungen von Zivilisten, Partisanen und Juden allein an der Ostfront nicht eingerechnet.

Die Todesstrafe ist natürlich im direkten Sinne kein aktuelles Thema, da wohl niemand in Deutschland an einer tatsächlichen Wiedereinführung arbeitet und sie rechtlich so gut wie unmöglich ist. „Die Todesstrafe ist abgeschafft“, stellt Art. 102 des Grundgesetzes lakonisch fest.

Doch noch 1952 diskutierte man sehr kontrovers im Bundestag über die Änderung dieses Artikels; außer in SPD und KPD gab es in allen Parteien Befürworter der Todesstrafe. Die Änderung scheiterte damals nur knapp. Warum eigentlich? Christopher Lane zeigte in einem Beitrag im „Tagesspiegel“ im Jahr 2005 („Von den Nazis zu Saddam“), dass Artikel 102 – entgegen dem Mythos von den geläuterten Deutschen – „das Geistesprodukt eines rechtsextremen Politikers [war], der mit verurteilten Nazi-Kriegsverbrechern sympathisierte – und verhindern wollte, dass sie von den britischen und amerikanischen Besatzungskräften getötet würden.Artikel 102 war also keineswegs ein Signal gegen das barbarische System Hitlers, sondern eine Stellungnahme gegen die angeblichen Exzesse alliierter Siegerjustiz.“

Erste Fassungen des Grundgesetzes, über die der Parlamentarische Rat diskutierte, beinhalteten die Beibehaltung der Todesstrafe. „Erst am 6. Dezember, bei einem Treffen einer Unterkommission, überraschte ein einziger Delegierter, Hans-Christoph Seebohm, alle anderen, als er sich für die Abschaffung der Todesstrafe aussprach. Seebohm stand der kleinen, rechtsextremen Deutschland-Partei vor – die auch für den Namen ‘Deutsches Reich’ statt ‘Bundesrepublik’ plädierte.“ Lane zitiert den britischen Historiker Richard J. Evans: „Verhindert zu haben, dass Nazi-Kriegsverbrecher zum Tode verurteilt werden, würde ohne Frage der Deutschland-Partei weitere Wähler auf der extremen Rechten zutreiben.“ Natürlich folgten andere Parteien nicht unbedingt den Gedanken Seebohms, aber Artikel 102 setzte sich schließlich bei der Abstimmung im Mai 1949 durch.

Lane, Journalist bei der angesehenen „Washington Post“, weiß, wie man seine Hausaufgaben macht. Das Aussprechen dieser für die Deutschen eher unangenehmen Wahrheit wurde ihm aber übel angekreidet. Bei der Todesstrafe mag man es eben moralisch klar und einfach; Zwischentöne und Komplexität gehen da leicht verloren.

Noch in der Mitte des 20. Jahrhunderts war die Todesstrafe ein kontroverses Thema. Wenn man heutzutage dieses Un-Thema auch nur anschneidet und nicht gleich deutlich wird, dass man Käßmanns kategorische Ablehnung teilt, kann man sich auf Fragen gefasst machen: Bist du etwa für die Einführung der Todesstrafe? Selbst auf der Agenda von theologischen Seminaren taucht sie kaum noch auf, und auch auf kirchlichen Veranstaltungen scheint sie so überflüssig wie ein Kropf – es sei denn, es geht gegen die Praxis in China, Saudi-Arabien, Iran… und den USA. Inzwischen ist irgendeine Form der Rechtfertigung von Hinrichtungen wohl einer der einfachsten Wege, sich unbeliebt zu machen und ins Abseits zu stellen.

Auch in den Kirchen dürfte das Thema nur unter dem käßmannschen Vorzeichen der moralischen Entrüstung vorkommen, Tenor: Hinrichtungen sind alle Mord, unzivilisiert und barbarisch. Wehe all jenen, die dies anders sehen.

Die Israel-Fans unter den Christen spüren jedoch, wie schnell die Frage brisant wird. Der Staat, der die Todesstrafe faktisch für die allermeisten Vergehen abgeschafft hat, führt nun einen „Krieg“ gegen die Hamas im Gaza-Streifen, exekutiert dabei mit Raketen führende Aktivisten der Terrorgruppe. Die RTL-Nachrichten bezeichnen diese als „ermordete“ Hamas-Führer – eine recht eindeutige moralische Verurteilung der israelischen Verantwortlichen. Wie im Fall von Bin Laden und Obamas Drohnenkrieg gegen führende Taliban nimmt der Staat Israel gleichsam eine Abkürzung: keine Gefangennahme, kein Prozess, keine Exekution mit Beobachtern usw. Die Todesstrafe wurde in militärische Operationen ausgelagert.

Darf sich ein Staat das Recht herausnehmen, Bürger anderer Länder einfach so aus der Luft heraus zu beseitigen? Aber welche Alternativen gibt es? Und wenn diese Bürger Terroristen sind? Hätte Bin Laden wirklich vor Gericht gestellt werden sollen?? Diese wahrlich komplizierten Fragen sollen hier nicht weiter diskutiert werden. Es sollte nur deutlich geworden sein: allein schon wegen dieser Konflikte ist die Todesstrafe immer noch ein aktuelles Thema. Denn es schwebt ja die Frage im Raum, ob Israel und die USA wirklich die barbarisch, verbrecherisch und unzivilisiert Handelnden sind oder eben nicht.

„Die Todesstrafe ist geliehenes Recht“

Oft wird von den Gegnern der Strafe argumentiert, dass der Glaube, die Todesstrafe schrecke in besonderem Maße von Morden u.a. ab, tatsächlich falsch ist. Diese Kritik ist wahrscheinlich richtig. Abschreckung ist zwar in gewissem Maße immer ein Effekt und Aspekt von Strafe (s. Dt 17,13; 19,20 oder 13,12: „auf daß ganz Israel aufhorche und sich fürchte und man nicht mehr solch Böses tue unter euch“), sie kann aber nicht die Hauptgrundlage dieser Strafe sein. Nur eine theonome Begründung der Todesstrafe, die den Aspekt der gerechten Vergeltung in den Mittelpunkt rückt, ist möglich.

Diese findet sich schon vor dem mosaischen Gesetz nämlich bei Noah in Gen 9,6: „Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll auch durch Menschen vergossen werden; denn Gott hat den Menschen zu seinem Bilde gemacht.“ Die Deutung dieses Verses ist nicht völlig eindeutig: handelt es sich um eine Vorhersage oder ein Gebot? Es ist doch wohl eher als Imperativ aufzufassen, da ja auch der Grund angegeben wird: Im Mord wird Gottes Ebenbild angetastet und damit Gott selbst. Daher findet sich dann im Gesetz die eindeutige Vorschrift: „Er [der Mörder] ist des Todes schuldig und soll des Todes sterben“ (Num 35,31; s. auch 35,16–21).

Hansjörg Bräumer fasst in seinem Kommentar gut zusammen: „Der Mörder raubt mit seiner Tat Eigentum Gottes, und Gott fordert sein Ebenbild ein. Bringt deshalb ein Mensch einen anderen Menschen um, muß dieser mit dem Tod bestraft werden. Die Todesstrafe für einen Mörder ist eine Einforderung, ein Herrenrecht Gottes, bei einem gemordeten Menschenleben das Leben des Mörders zu fordern… Das Wort von der Todesstrafe ist keine generelle Beauftragung des Menschen zur Rache oder eine allgemeine Ermächtigung, Verbrecher zu töten. Die Todesstrafe ist ein geliehenes Recht. Gott allein kann geraubtes Leben einfordern. Ihm allein steht das Recht über Leben und Tod zu. Gott aber läßt die Vollstreckung der Todesstrafe durch Menschen geschehen… Die Todesstrafe ist eine Ermächtigung Gottes. Sie kann aber allein von einer solchen Gemeinschaft ausgeführt werden, die das alleinige Recht Gottes über Leben und Tod  respektiert. Wo eine Gemeinschaft die Todesstrafe aus nationalen, rassischen, weltanschaulichen oder ideologischen Gründen praktiziert, ist ihr Handeln nicht geliehenes Gottesrecht, es handelt sich in diesem Fall nicht um die Todesstrafe, sondern um Mord.“ (Das erste Buch Mose, Kapitel 1–11)

Bräumer differenziert hier gut. Vor einigen Jahren hieß es dagegen in den „Wahlprüfsteinen“ der Ev. Allianz zum Gebot „Du sollst nicht töten“ recht einfach: „Dass Menschen nicht über Leben und Sterben anderer Menschen entscheiden können, ist eine der Grundübereinkünfte menschlicher Gesellschaften.“ Im Hinblick auf die dort auch angesprochenen Fragen wie Abtreibungen und Bioethik und die gesamte persönliche Ethik stimmt dies durchaus. Doch Vertreter der staatlichen Gewalt wie Polizisten, Soldaten oder eben bei der Todesstrafe Richter können, ja müssen manchmal durchaus über Leben und Sterben anderer Menschen entscheiden.

Das mosaische Gesetz kennt 18 Vergehen (andere zählen bis 25 oder gar 36), auf die die Todesstrafe steht, darunter sind Mord (ex 21,12–14), Vergewaltigung (Dt 22,25–29), Inzest (Lev 20,11–12.14), Homosexualität (Lev 20,13), Verfluchen der Eltern, Gewalt  (Ex 21,17; Lev 20,9), Zauberei und Hexerei (Ex 22,17), Blasphemie (Lev 24,16), Verführung zum Götzendienst (Dt 13,1–16), Entweihung des Sabbats (Ex 31,14). Die Todesstrafe stand auf den Bruch der ersten sechs Gebote, für Ehebruch war sie möglich, aber wohl kaum ausgeführt; Diebstahl wurde nur in ganz wenigen Fällen (Entführung, Dt 24,7), Lügen nur für den Fall der falschen Aussage vor Gericht, die zu einem Todesurteil führt (Dt 19,16–21), mit dem Tod geahndet.

Verbietet aber, so ist gleich zurückzufragen, das sechste Gebot nicht das Töten von Menschen? Das sechste Gebot verbietet gewiss nicht jedes Töten, sondern nur unautorisiertes, willkürliches Nehmen von Menschenleben. Schließlich ordnet im AT Gott selbst oftmals das Töten an. Und dem Verbot des Mordens in Ex 20,13 folgt gleich im nächsten Kapitel die Todesstrafe.

Daher meinte schon Luther in seinem Großen Katechismus zum Verbot des Tötens (das fünfte Gebot nach luth. Zählung), dass damit der Obrigkeit „nicht die Macht genommen“ ist, „zu töten“. Für heutige Ohren ungeheuer provozierend formulierte der Reformator in Von weltlicher Obrigkeit: „Du solltest, wenn du sähest, daß es am Henker[!], Büttel, Richter, Herrn oder Fürsten mangelte, und du dich geschickt dazu fändest, dich dazu erbieten und dich darum bewerben, auf daß ja die notwendige Gewalt nicht verachtet und matt würde oder unterginge. Denn die Welt kann und vermag ihrer nicht entraten.“

Auch niemand anders als Dietrich Bonhoeffers fasst in einem Abschnitt seiner Ethik (während des Krieges geschrieben) zusammen: „Von willkürlicher Tötung muß dort gesprochen werden, wo unschuldiges Leben vorsätzlich getötet wird.“ Konkret aber dann eben auch: „Willkürlich ist selbstverständlich nicht die Tötung des Verbrechers, der fremdes Leben antastete.“ Selbstverständlich nicht – erst in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts kippte diese Bewertung ins Gegenteil.

Ähnlich betonte noch Klaus Bockmühl in Christliche Lebensführung: „In dem vorliegenden Gebot geht es um eine geplante, absichtliche Tötung, also um Mord… Das Gebot verbietet nicht die Todesstrafe. Es richtet sich an einzelne, nicht an die Regierung, wie Luther betonte“. Er sieht die Begründung der Todesstrafe ebenfalls in Gen 9,5–6 und Röm 13,4; außerdem als ein Beispiel des lex talionis – Auge um Auge, Zahn um Zahn: „Die Strafe entspricht dem Vergehen. Kritiker betrachten das heute als barbarisch – aber das ist es gar nicht. Es ist eher ein Merkmal der Zivilisation…“

Die christlichen Kirchen folgten in ihrer großen Mehrheit dieser Deutung und haben bis ins 20. Jahrhundert die Todesstrafe recht einhellig befürwortet. Denn auch wenn die Kirche nicht mehr unter dem mosaischen Gesetz steht, so gilt der Grundsatz der Todesstrafe für Mord weiterhin (andere wie die Richtung des Reconstructionism/Christian theonomy vertreten, dass auch heute alle bei Mose genannten Kapitalverbrechen mit dem Tode zu bestrafen seien; eine Diskussion, die hier nicht zu vertiefen ist). Dass der Mord eine besondere Rolle spielt, zeigt auch, dass es nur für dieses Verbrechen keinerlei Ersatzleistung (Num 35,31) geben durfte, d.h. die Strafe in jedem Fall vollzogen wurden musste.

„Fort mit der schroffen, wütigen Härte“

Problematisch ist natürlich, dass z.B. vom germanischen Recht her in die mittelalterliche Strafjustiz neue Kapitalverbrechen einwanderten, die das AT nicht kannte. Außerdem machte sich manch grausame Art der Bestrafung breit, die der Bibel widerspricht (diese sieht ja z.B. keinerlei körperliche Verstümmelungen vor). Auch die Unterscheidung von freien Herren, die sich von vielen Strafen freikaufen können, und Abhängigen, die auch für kleine Vergehen hingerichtet wurden, ist in ihrem Geist völlig unbiblisch.

Mißstände gab es genug: unter Heinrich VIII wurden in England sage und schreibe 72.000 Hinrichtungen gezählt; noch im England des 18. Jahrhunderts stand auf 160 Vergehen der Tod; in diesem Hort der Zivilisation wurden noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Minderjährige für Diebstähle hingerichtet. Diese Liste ließe sich natürlich für andere Länder fortsetzen.

Die großen christlichen Denker sprachen sich daher oft für Mäßigung aus. Augustinus forderte im Gottesstaat (V,25), der christliche und gerechte Herrscher solle nicht voreilig strafen, sondern „gern Nachsicht üben“ und Strafe „nur darum verhängen, weil Leitung und Schutz des Staates es erfordern, aber nicht um Rachgier zu befriedigen“; er soll „harte Erlasse“ durch „erbarmende Milde und gütige Freigiebigkeit ausgleichen“.

Auch Calvin stellt in seinem Hauptwerk die naheliegende Frage: „Wie kann dann die Obrigkeit zugleich fromm sein und Blut vergießen?“ Die Obrigkeit vollstreckt, so der Reformator, „Gottes eigenste Urteile“; ihr Handeln leitet sich aus der Autorität Gottes ab, sie rächt also in seinem Namen, vollzieht sein Strafgericht (Röm 12,19; 13,4). Calvin weist auf Mose und David hin, die selbst Hinrichtungen durchführten: „Sie haben beide ihre Hände, die sie durch Schonung (der Übeltäter) besudelt hätten, durch solches Wüten geheiligt, indem sie die Rache übten, die ihnen von Gott aufgetragen war“. Wer vor dem Blut zurückschreckt und Verbrecher wüten läßt, „macht sich der äußersten Unfrömmigkeit schuldig“. Er mahnt jedoch auch: „Fort jedoch mit der schroffen, wütigen Härte“, warnt vor „gar zu großer Strenge“ (Inst. IV,20,10).

Von zu großer Strenge oder gar Grausamkeit kann pauschal im Strafvollzug Europas (einmal abgesehen von Russland oder Weißrussland) im Grundsatz keine Rede mehr sein. In den allermeisten Demokratien ist die Todesstrafe abgeschafft. Die Ursachen für die Abschaffung (den Anfang machte Österreich 1787) sind dabei zuerst in der Aufklärungsphilosophie zu suchen, obwohl Denker wie Kant sie noch vehement vertraten. Anders als z.B. in der Frage der Sklaverei wurde die Abschaffung nicht wirklich durch theologische Argumente vorangetrieben. Arthur F. Holmes resümiert daher: „Von der Bibel her können wir uns nicht prinzipiell gegen die Todesstrafe aussprechen.“ (Wege zum ethischen Urteil) Und noch vor gut 50 Jahren drückte sich der bekannte deutsche Ethiker Trutz Rendtorff am Ende seines Artikels im angesehenen Nachschlagewerk RGG sehr vorsichtig aus: der Verzicht auf die Todesstrafe könnte womöglich theologisch gerechtfertigt sein.

Inzwischen nimmt man in Europa kein Blatt mehr vor den Mund, und selbst protestantische Bischöfe nennen die Todesstrafe ein Verbrechen, wird dessen Ablehnung mit dem Tötungsverbot der Zehn Gebote begründet. Nun wird die alte Begründung nach Gen 9,6 sogar auf den Kopf gestellt: da jeder Mensch Ebenbild ist, sei die Todesstrafe Gotteslästerung, so z.B. die katholischen Bischöfe in den USA. Die Katholische Kirche hat die Todesstrafe bis heute jedoch nicht offiziell verworfen, wie man oft meint. Doch man entfernt sich Schritt um Schritt von ihr: Der Katechismus der Katholischen Kirche ließ die Möglichkeit erst zu („in den schwerwiegendsten Fällen“, 2266), in der neuen Redaktion ist die Todesstrafe aber ganz verschwunden (s. auch Johannes Paulus II, Evangelium vitae, 56).

Leider bemühen sich auch konservative protestantische Theologen wie der Pietist Helmut Burkhardt in Ethik II/1 kaum noch um eine solide Argumentation (die Pietisten Heim und Schlatter waren noch Befürworter von Hinrichtungen). Er stellt richtig fest, dass die Todesstrafe einzig durch das Vergeltungsprinzip begründet werden kann, bringt Einwände wie den Justizirrtum und die Verrohung der Gesellschaft vor. Die lebenslange Haftstrafe sei nun angemessen. Das mag ja sein, aber aus welchen Gründen? Die Abschaffung der Todesstrafe sei „dankbar zu begrüßen, die Forderung ihre Wiedereinführung aber entschieden abzulehnen.“ Es bleibt leider undeutlich, wie Burkhardt dies doch recht kategorische Urteil biblisch begründen will.

„So verdamme ich dich auch nicht“

Welche Argumente werden nun vorgebracht? Heute würden wohl die meisten Christen spontan sagen, dass die Todesstrafe dem Liebesgebot widerspricht. Norman L. Geisler leugnet jedoch, dass die Todesstrafe „auf einer barbarischen Mißachtung des persönlichen Lebens beruht“. Er betont: „Sie kann vielmehr ein wesentlicher Teil der Ethik der Liebe sein“ (Das Maß aller Dinge: Liebe, Bundes-Verlag, 1981). Zynismus!, so die nun gängige Reaktion auf solch einen Satz. Doch wie erklärt dann ein Christ, dass sich das Gebot der Nächstenliebe im AT finden läßt (Lev 19,18), im NT meist aus dem AT zitiert wird und sich in diesem AT die Anordnung der Todesstrafe findet? Zumindest die Autoren des NT sahen offensichtich keinen grundlegenden Widerspruch zwischen beidem.

Häufig liest man, das „Schwert“ z.B. in Röm 13,4 stehe nur symbolisch und allgemein für das Strafhandeln der Obrigkeit (so z.B. Helmut Thielicke), meine also keineswegs die Todesstrafe. Dies kann nicht überzeugen, wurde damals doch das Recht zur Todesstrafe bei den Römern als ius gladii, das Schwertrecht eben, bezeichnet. Jeder damalige Leser verstand unter Schwert nicht nur allgemein Obrigkeit, sondern auch konkret das Richtschwert. Auch in Apg 25,11 gibt Paulus ja implizit zu verstehen, dass es bestimmte Vergehen gibt, auf die rechtmäßig der Tod steht und dass es Obrigkeit gibt, die dann auch so strafen darf (s. auch Off 13,10; 2 Chr 23,14; Esr 9,7; 1 Kön 1,51; 2,32; Jer 26,23).

Die protestantischen Bekenntnisse sahen ebenfalls das Schwert als das Richtschwert an. Das Augsburger Bekenntnis erlaubt dem Staat „Übeltäter mit dem Schwert [zu] strafen“ (Art. 16). Im II Helveticum schreibt Heinrich Bullinger in Kap. 30: „Ungerechte, Betrüger und Gewalttätige halte sie [die Obrigkeit] in Schranken und rotte sie gar aus. Denn nicht umsonst hat sie von Gott das Schwert empfangen. Sie ziehe deshalb dieses Schwert Gottes gegen alle Verbrecher, Aufrührer, Räuber und Mörder, Bedrücker, Gotteslästerer, Meineidigen und gegen alle die, die Gott zu bestrafen und sogar zu töten befohlen hat.“

Geradezu ein Eckstein in der theologischen Verwerfung der Todesstrafe scheint nun Johannes 8,1–11 zu sein: die überführte Ehebrecherin wird vor Jesus geführt; die Pharisäer und Schriftgelehrten fragen, was seiner Meinung nach mit der Frau geschehen soll, fordert doch das Gesetz Mose die Todesstrafe. Berühmt ist Jesu Antwort in V. 7: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie“. Die Ankläger verziehen sich, und zur Frau in V. 11: „So verdamme ich dich auch nicht.“

Die Textkritik hat gezeigt, dass sich diese Episode in keinem der frühen Joh-Manuskripte befand, also (so auch angesehene konservative Exegeten wie D.A. Carson, A. Köstenberger) nicht in den Kanon gehört (was in vielen Bibelausgaben auch angegeben wird). Die Geschichte wird meist dennoch untersucht, weil sie als authentisch gilt, sich also wohl tatsächlich so zugetragen hat.

Klar dürfte sein, dass es den Anklägern darum ging, Jesus eine Falle zu stellen und ihn öffentlich zu demütigen. Wie ist nun das „ohne Sünde“ (V. 7; gr. anamartetos) zu verstehen? Meint es die völlige Sündlosigkeit? Viele nehmen dies an; dies bedeutet dann, dass nur Gott eine Todesstrafe ausführen darf, weil nur er sündlos und perfekt ist. Die Todesstrafe würde außerhalb der menschlichen Möglichkeiten kommen. Kann Jesus das gemeint haben? Ich glaube kaum. Denn das hieße, dass er mal eben so das gesamte Strafsystem des ATs beiseitegeschoben hätte und dass überhaupt keine Strafjustiz möglich wäre, da kein menschlicher Richter je sündenfrei war und ist.

Jesus hätte hier die Todesstrafe abgeschafft – macht das im Kontext der Situation wirklich Sinn? Wäre Jesus damit nicht genau in die Falle gelaufen? Die Bewahrung des Gesetzes – darum ging es den Anklägern doch. Ich vermute mit S.A. James („The adulteress and the death penalty“, JETS, March 1979) u.a., dass Jesus die Ankläger als Zeugen herausfordert, d.h. er bezweifelt ihre Tauglichkeit als Zeugen, da sie sich nicht an Dt 17,6–7 und 22,22f halten. Jesus wirft ihnen also implizit das falsche Zeugnis vor („frevelhafter Zeuge“, Dt 19,16), denn nur die Frau wurde angeklagt, nicht der Mann. Vers 11 („So verdamme ich dich auch nicht“) ist dann auf den konkreten Fall zu beziehen und beinhaltet nicht eine Zusage des ewigen Heils. James u.a. sehen hier daher eine „strikte Konformität mit dem Buchstaben und Geist des mosaischen Gesetzes“. Auch Schirrmacher kommt zum Schluss: „Jedenfalls hätte die ganze Begebenheit im Alten Testament aufgrund des Gesetzes genauso verlaufen müssen, wie sie verlaufen ist! Jesus schafft hier nicht die Todesstrafe ab, aber er nimmt sie aus der Hand derer, die sie nicht aufgrund des Gesetzes durchführen wollen und die selbst das Gesetz pausenlos übertreten.“ (Ethik, III)

Johannes 8 bleibt eine schwer zu deutende Episode. Nicht zuletzt wegen ihres zumindest sehr zweifelhaften Status im Kanon sollte die Verwerfung der Todesstrafe nicht so selbstsicher (wie z.B. bei Lewis B. Smedes und John H. Yoder) auf diese Stelle gegründet werden. Sie hat uns aber durchaus etwas zu sagen, dass nämlich ein fairer Prozess äußerst wichtig ist (diesen fordert die Bibel an vielen Stellen, nämlich konkret sorgfältige Untersuchung – Dt 17,4; Joh 7,51;2 Chr 18,7; Gleichheit vor Gericht – Spr 18,5, 24,23; Job 13,10;  unabhängiges Gericht –Dt 16,18–20; Anspruch an Zeugenaussagen Dt 19,14–21;17,6; Mt 18,16; 26,59–61; keine Folter – im AT nirgends erwähnt).

Bei den zahlreichen Hexenprozessen bis in die Neuzeit hat vielfach die bloße Denunziation eines Einzelnen ausgereicht, um die Todesstrafe zu vollstrecken. Das ist biblisch gesehen schlicht eine Ungeheuerlichkeit. Deshalb muss man feststellen, dass in den Hexenprozessen alles zum Zuge kam, nur keine solide Umsetzung biblischer Richtlinien des Rechtsstaates. Die Anwendung der Todesstrafe darf nur in Rechtsstaaten erlaubt sein! Die einfache Feststellung „der Rechtsstaat verzichtet auf Todesstrafe“ reicht nicht aus. Man müsste nachweisen, dass die Todesstrafe den rechtsstaatlichen Prinzipien im Grundsatz widerspricht, und dies dürfte kaum gelingen.

Der Rechtsstaat ist natürlich auch die einzige Antwort auf das Argument des Justizirrtums. Er muss nach menschlichem Ermessen möglichst ausgeschlossen werden. Natürlich wird eingewandt, dass Menschen, auch Richter, immer fehlbar bleiben. Doch mit dieser Fehlbarkeit rechtfertigen wir ja nicht die Abschaffung der lebenslangen Haftstrafe und andere, massive gewaltsame Einschränkungen. Auch das allerbeste Justizsystem nimmt gewisse Irrtümer in Kauf – um höherer Ziele willen. Die Todesstrafe kann daher mit dieser Logik nicht von vornherein verworfen werden.

„Technik der Verbesserung statt Sühne des Bösen“

Oft wird auch auf einer Linie wie im Journal „Chrismon“ (April 2007) argumentiert: „Eine Exekution verschließt dem Delinquenten außerdem jede Möglichkeit, Reue zu üben, den angerichteten Schaden wiedergutzumachen und sein Leben neu zu beginnen. Das christliche Menschenbild geht immer von der Möglichkeit aus, dass sich Menschen positiv verändern.“

All dies stimmt natürlich in gewisser Weise: die Hinrichtung setzt Menschenleben in jeder Hinsicht ein Ende. Doch man sollte bedenken, dass die Todesstrafe den möglichen Zeitraum der Reue nur einengt, Reue selbst aber natürlich nicht ausschließt. Wiedergutmachung ist natürlich nur begrenzt möglich, doch auch im heutigen Strafvollzug ist sie nur ein Aspekt unter anderen. Die zuletzt angesprochene positive Veränderung klingt zwar gut, hat aber weniger strafrechtliche Relevanz, als man oft meint.

Schon das AT, das ja die Todesstrafe kannte, sah Wiedereingliederung in die Gemeinschaft des Volkes als ein Ziel des Strafens. Heute sprechen wir von Resozialisierung. Strafe ist also auch auf Erziehung und Besserung ausgerichtet. Verbrecher dürfen daher keinesfalls stigmatisiert werden. Wiederherstellung der sozialen Position ist das Ziel. Und in materieller Hinsicht wird im AT die Wiedergutmachung oder Kompensation betont (Ex 21,37; 22,5.8.10 oder Num 5,6–8).

Diese sozialen Aspekte des Strafens haben also ihren Zweck und Raum. Problematisch wird es nur, wenn der schon mehrfach angesprochene Grundsatz der gerechten Vergeltung ganz zur Seite geschoben wird. Michel Foucault (1926–1984) beschrieb in Überwachen und Strafen den neuen Geist, wenn es im Strafvollzug nur noch um Heilen und Erziehen geht: „Das Wesentliche der Strafe, welche die Richter auferlegen, besteht nicht in der Bestrafung, sondern in dem Versuch zu bessern, zu erziehen, zu ‘heilen’. Eine Technik der Verbesserung verdrängt in der Strafe die eigentliche Sühne des Bösen…“ Nun wird der „Scharfrichter“ abgelöst „von einer ganzen Armee von Technikern“, nämlich „Aufsehern, Ärzten, Priestern, Psychiatern, Psychologen, Erziehern“. Richter urteilen nun nicht mehr eigentlich über das Verbrechen, sondern über die „‘Seele’ der Verbrecher“. Die Heilung rückt in den Vordergrund. Richter haben „begonnen, etwas anders zu tun als zu richten. Oder genauer gesagt: in das richterliche Urteil haben sich andere Arten des Abschätzens und Beurteilens eingeschlichen, die seinen Charakter wesentlich modifizieren.“ Die Fragen nach Täter und Tat, nach Schuld und Strafe wurden durch komplexe Diagnose und Prognose ersetzt: „Welche Maßnahmen sind die angemessensten? Wie läßt sich die Entwicklung des Individuums voraussehen? Auf welche Weise wird er am sichersten gebessert werden können?“

„Da Christus ihre Schuld schon übernommen hat, ‘sind sie nun unschuldig’“

Ein weiteres Argument geht auf Karl Barth zurück, der sich im vergangenen Jahrhundert als einer der ersten (mit Emil Brunner) eindeutig gegen die Todesstrafe ausgesprochen hat. In  Kirchliche Dogmatik III,4: „Die geforderte Todesstrafe des menschlichen Rechtsbrechers ist ja schon vollzogen. Eben dazu hat ja Gott seinen einzigen Sohn hingegeben…“ Der Mennonit John H. Yoder, Schüler Barths, lehrte ähnlich: Jesus habe der Notwendigkeit der Vergeltung überhaupt eine Ende bereitet. Doch wenn Sühne schon geleistet ist, warum z.B. Mörder dann überhaupt noch bestrafen? Und für wie lange? Warum und wozu dann überhaupt noch strafen? Bleibt dann nicht der nackte Utilitarismus – gestraft wird in der Form und so lange, wie es ‘der Gesellschaft’ nützlich erscheint?

J. Denny Weaver zitiert in The Nonviolent Atonement William Placher, der das gesamte Justizsystem der USA kritisiert, weil es auf Vergeltung und Strafe beruht. Gerechtigkeit schaffen durch Strafe sei der allgemein verbreitete Grundsatz. „Strafe ist ein Arrangement des quid pro quo, ein Akt der Rache“. Auf diesem Grundsatz, so Placher (und auch zustimmend Weaver) ruht die Lehre vom stellvertretenden Sühneopfer Christi, indem eben die Sünde es ist, die bestraft werden muss. Auf der Linie Barths: „Weil Jesus die letzte Strafe schon auf sich genommen hat, muss sich das Strafsystem nicht auf Strafe als Mittel zu Entfernung von Schuld konzentrieren. Da Christus ihre Schuld schon übernommen hat, ‘sind sie nun unschuldig’ und die Notwendigkeit der Suche der Menschen nach Vergeltung ist zu einem Ende gekommen.“

Hier liegt sicher eine fatale Verwechslung der Aufgaben von Kirche und Staat vor, eine Vermischung des Daseins als Christen (der vor Gott ganz schuldlos dasteht) und als Staatsbürger (der immer noch vor dem staatlichen Recht schuldig werden kann). Die Tatsache, dass einem Menschen eine konkrete Sünde vergeben wurde, bedeutet noch lange nicht, dass er keine irdische Strafe mehr dafür bekommen darf oder soll. Und noch einmal: warum solch ‘Unschuldige’ dann noch bestrafen?

Wird Vergeltung auf diese Weise geleugnet, bleiben als Zweck von Strafe nur noch  pragmatische (sozialer Friede und Sicherheit) und subjektive (Heilung und Besserung des Verbrechers) Ziele. Schon C.S. Lewis unterzog dieses Denken einer radikalen Kritik in seinem Essay „The humanitarian theory of punishment“ (dt. „Strafe und Barmherzigkeit“, in: Gültiges und Endgültiges).

Tatsächlich hängen Strafjustiz und Erlösungslehre zusammen – und auch hier wird die Aktualität des Themas nur zu deutlich. J.J. Davis, ganz anders als Weaver und Placher: „Die Notwendigkeit des Todes Christi am Kreuz gründet auf der fundamentalen moralischen Tatsache, dass in den Augen Gottes bestimmte Handlungen (Sünde, Verbrechen) in ihrem Wesen Strafe verdienen… Das Konzept der vergeltenden Gerechtigkeit wurzelt im Herzen von Gottes Charakter und dem Evangeliums selbst. Denn die Gute Nachricht ist, dass Gott seine Standards von Gerechtigkeit nicht missachtet, sondern dass er deren Ansprüche erfüllt hat, indem er die rechtmäßige Strafe, die uns galt, auf sich genommen hat in seinem Sohn.“ (Evangelical Ethics)

Um die Todesstrafe zu widerlegen, muss man also den Grundsatz der gerechten Vergeltung für Mord widerlegen. Der elegantere Weg ist es, ihn einfach zu übergehen und zu ignorieren. So resümiert der bekannte Sozialethiker Martin Honecker: „Für die Notwendigkeit der Todesstrafe spricht kein einziges vernünftiges Argument. Das ist der stärkste Einwand gegen sie. Bloße Nützlichkeitsüberlegungen können sie nicht legitimieren: Die Forderung der Bevölkerungsmehrheit nach der Todesstrafe ist gewiss kein sittliches Beweismittel. Die Abschreckungswirkung ist zweifelhaft. Sicherung lässt sich auch durch andere Weise erreichen. Die Besserung des Rechtsbrechers ist durch sie nicht zu erreichen. Dazu kommt die Möglichkeit des Irrtums, der im Falle der Hinrichtung nicht zu korrigieren ist. Strafrechtliche Vernunft kann sie also nicht begründen.“ („Die Todesstrafe in der Sicht evangelischer Theologie“, „Concilium“, 1978, Heft 12)

Selbst wenn man all diesen einzelnen Feststellungen zustimmt, ist die Todesstrafe damit nicht unvernünftig und unbedingt abzulehnen. Das Hauptbindeglied zwischen Vergehen und Strafe ist, so ja auch Lewis, die gerechte Vergeltung. Honecker geht darauf nicht ein, erklärt die Befürworter der Todesstrafe implizit für Dummköpfe – ein einfacher, aber nicht sehr ehrenhafter Weg.

Roger E. Olson aus den USA nimmt in “The Heresy of Capital Punishment” (die Häresie der Todesstrafe; Juli 2013) ebenfalls kein Blatt vor den Mund: „Sie stellt eine Bekräftigung des Mythos der erlösenden Gewalt durch Menschen dar und widerspricht direkt der Ethik Jesu, die die gewaltsame Vergeltung verbietet. Sie ist absolut und unumkehrbar gegen die Liebe… Sie [die Kirchen] sollten zumindest die Todesstrafe als unvereinbar mit dem christlichen Glauben bezeichnen und die Mitglieder, die sich offen dazu bekennen, in irgendeiner Weise disziplinieren (nicht unbedingt ausschließen, doch ihnen zumindest im kirchlichen Kontext sie nicht diese Lehre [von der Todesstrafe] verbreiten lassen). Und diejenigen, die sie ausführen, die sich aktiv für sie einsetzen und an ihr teilnehmen, sollten aus den christlichen Kirchen ausgeschlossen werden. Es sollte den Rang einer Bekenntnisfrage [status confessionis] haben…“

Der bekannte baptistische Theologe beherrscht durchaus die Kunst des gewählten Ausdrucks und der sanften Töne. W.P. Youngs The Shack / Die Hütte wird bei ihm sehr bedächtig und vorsichtig kritisiert (Finding God in The Shack). Hier hat Olson jedoch den Holzhammer hervorgeholt, was allein schon zeigt, wie emotional und immer noch kontrovers die Debatte in den USA ist. Warum wird jedoch Young von jeglichem Häresievorwurf freigesprochen und die Todesstrafe dagegen geradezu tabuisiert? Ich sehe bei Olson nur ein einziges theologisches Argument, und dies ist sehr dünn: Er spielt an die Bergpredigt an, wenn er die Ethik Jesu und das Verbot der Vergeltung nennt. Wenn dort jedoch jede „gewaltsame Vergeltung“ untersagt werden würde (was ich nicht glaube), dann fällt damit das gesamte staatliche Strafsystem – nicht allein die Todesstrafe. Staatliches Handeln beruht immer auch auf Zwang und Gewalt, und Vergeltung ist immer noch (ganz so weit wie in Foucault Skizze sind wir ja noch nicht) Bestandteil der Justiz.

Nun sollen die Henker exkommuniziert werden – und was ist mit all denen wie Gefängnisaufsehern, Wächtern, Polizisten, Richtern, Gerichtsvollziehern, die gewaltsamen Freiheitsentzug umsetzen und Instrumente staatlich sanktionierter ‘Rache’ und Vergeltung sind? Es ist bezeichnend, dass z.B. Stanley Hauerwas, John H. Yoder und sicher auch Olson sich zu keinerlei eindeutig positiven Bewertung dieser Jobs durchringen können. Bei der Frage, wie sich die Arbeit von Staatsdienern, die aufgrund von Zwang und Gewalt handeln, und die von Soldaten und Henkern mit klarem Tötungsauftrag qualitativ und wesentlich unterscheiden, beginnen die Genannten meist einen Eiertanz. Konsequent war noch die anabaptistische und mennonitische Lehre des Fernhaltens von allen öffentlichen Aufgaben und Ämtern. Wenn nun aber heute einem Christ die Gewaltausübung im staatlichen Amt erlaubt wird, warum dann aber einzig die Strafrichter (und implizit die Soldaten, denn die Grenzen sind ja fließend, s. Eingang) ausschließen? Mit welchen Gründen??

Sola scriptura?

Die kategorische Verwerfung der Todesstrafe aus theologischen Gründen muss, so glaube ich, in den Bibeltext hineingelesen werden. Sie ist tatsächlich vor allem eine Frucht der Aufklärung. Man muss hier bis zum englischen Staatstheoretiker Thomas Hobbes im 17. Jahrhundert zurückgehen. Dieser leitete Normen nicht mehr theonom, sondern aus dem Eigeninteresse des Einzelnen ab. Auch die staatliche Gewalt begründete er z.B. in seinem Hauptwerk Leviathan (1651) nicht in einer göttlichen Schöpfungsordnung. Um nicht im „Krieg aller gegen alle“ unterzugehen, treten die Individuen Rechte an den Staat ab. Die Subjekte autorisieren in einem „Gesellschaftsvertrag“, den sie untereinander abschließen, den obersten Souverän. Die gesellschaftliche Ordnung ist daher ein bloßes Mittel zur Wahrung der Interessen des Individuums. Der Staat als sozialer Körper gehorcht den gleichen Gesetzen wie der Einzelne, nämlich zuerst der Selbsterhaltung. Der Einzelne will sich zuerst sicher fühlen, daher müssen sich alle vor dem quasi allmächtigen Staat fürchten.

Hobbes konnte noch für die Todesstrafe sein, aber vor allem eben als Mittel zur Abschreckung, zur Aufrechterhalten der allgemeinen Furcht. In seinem Entwurf ist die Saat der Ablehnung der Todesstrafe aber schon gesät. Denn der Einzelne hat ja das primäre Interesse der Selbsterhaltung. Er gibt sicher nicht ein Recht auf Vernichtung seines Lebens weiter. Todesstrafe als gerechte Vergeltung kann bei Hobbes nicht mehr begründet werden; sie wird bei ihm letztlich nur noch aus pragmatischen Gründen beibehalten.

Im Jahrhundert darauf klärte sich das Bild. Der italienische Aufklärer Cesare Beccaria forderte in seinem Werk Dei delitti e delle pene (Über Verbrechen und Strafen, 1764) als einer der ersten die Abschaffung der Todesstrafe. Auch bei ihm erwächst die Befugnis des Strafens aus dem Gesellschaftsvertrag. Daher ist es natürlich widersinnig, dass ein Mensch per Vertrag einer anderen Instanz das Recht einräumt, ihn zu töten. Nur das Maß an Strafen soll verhängt werden, dass zur Aufrechterhaltung der Ordnung nötig ist.

Beccaria hat sicherlich so manche gute Forderungen aufgestellt, die sich auch in Teilen mit den biblischen Akzenten decken (Ablehnung der Folter, klares und allgemein bekanntes Strafrecht, Verhältnismäßigkeit). Vergeltung kann und will er jedoch nicht mehr plausibel machen, Prävention sei wichtiger als Strafen; die Bedrohung durch das Gefängnis genügt. Beccaria, ganz Utilitarist, bleibt auf der horizontalen Ebene und fragt, welcher Schaden durch Verbrechen der Gesellschaft zugefügt wird und wie man diesem Schaden vorbeugen und beheben kann. All diese nur an der Vernunft orientierten Gedanken wirken sehr human, doch es sei an Lewis und Foucaults Kritik erinnert: Wenn nicht mehr die gerechte Vergeltung Hauptzweck der Strafe ist; wenn „die Gesellschaft“ vor Schaden bewahrt und geheilt werden soll – wer bestimmt denn dann, was heil und krank ist, wann genug vorgebeugt ist? Und was geschieht, wenn die oberste Macht in die Hand von „Weltverbesserern, die die Wahrheit für sich gepachtet haben“ (Lewis) gerät? Droht dann nicht die „unerträglichste aller Tyranneien“ (so der Brite)?

Diese ‘aufgeklärte’ Position hat sich weitgehend durchgesetzt. Es hat, zumindest in Europa, ein echter Paradigmenwechsel stattgefunden. Das völlig Normale ist die ganz selbstverständliche Ablehnung jeder Todesstrafe. Selbst protestantische Theologen glauben, wie wir sahen, auf sorgfältige Analyse von Argumenten verzichten zu können; man setzt gleichsam auf das Aussterben der Vertreter des alten Paradigmas wie Bockmühl, Künneth, Huntemann. Und man sucht für die radikale Verwerfung der Todessstrafe eine Begründung in der Bibel oder bissig formuliert: man deutet sie sich dort hinein.

Den Wandlungsprozess hat nicht die Theologie vorangetrieben (was manche Atheisten natürlich in ihrer Auffassung bestätigt, dass das Christentum rückständig und inhuman sei). Das ist als solches ja auch nicht unbedingt verwerflich und nicht immer zu bedauern. Soziale Prozesse werden immer vielfältig beeinflusst. Wenn man jedoch als Protestant das sola scriptura-Prinzip hochhält, also die Lehre, dass die Bibel oberste Autorität in allen Fragen des Glaubens und des Lebens innehat, dann, so glaube ich, muss man zu einem Schluss wie Holmes (s.o.) kommen: „Von der Bibel her können wir uns nicht prinzipiell gegen die Todesstrafe aussprechen.“ Davon zu unterscheiden ist die Frage der Wiedereinführung, was heute in Europa völlig unrealistisch und damit anzustreben auch unweise ist.

Die eingangs zitierte Margot Käßmann ist Beauftragte der EKD für das Reformationsjubiläum 2017. Eine der Kernüberzeugungen der Reformatoren war es, dass der Heiligen Schrift allein das letzte Wort zukommt. Ich kann nicht sehen, dass diese Schrift die Todesstrafe so kategorisch verwirft, wie dies evangelische Theologen heute gerne tun. Man sollte zumindest vorsichtiger und ehrlicher formulieren: Die Todesstrafe zu verhängen empfinde ich als Bürger der Bundesrepublik als problematisch.

Die Kanzelfrage

Manche Christen haben die Wundergeschichten der Bibel gezählt (Norman Geisler kommt auf 260); andere führen Statistiken an, wie oft die Bibel von Armut und Gerechtigkeit spricht (laut Gerechtigkeitsbibel rund 3150 Verse). Sicher ließe sich diese Liste noch ergänzen. Hat eigentlich einmal jemand die Zahl der vollzogenen Hinrichtungen in der Bibel zahlenmäßig erfasst? Es sind sicher nicht Tausende Verse, aber es ist in jedem Fall ein Thema, an dem man in Bibelstudium und Predigt nicht vorbei kommt.

Hier stellt sich die immer noch aktuelle Frage, wie all diese Episoden in der kirchlichen Verkündigung gedeutet und ausgelegt werden. Geht man unkritisch von der heutigen Position des „die Todesstrafe ist einfach nur schrecklich und moralisch abstoßend“ aus, dann wird dies eindeutige Auswirkungen auf die Deutung von Bibeltexten haben, in denen z.B. Gott selbst Hinrichtungen anordnet.

Sieht man als Prediger die zeitgenössische europäische Position mit keinerlei Distanz, ist es äußerst schwierig, das ganze AT nicht als moralisch tieferstehend anzusehen. Man ist froh, dass man in der „Ethik Jesu“ sicheren Grund unter den Füssen hat; das Richtschwert bei Paulus lässt sich wegdeuten; und das AT gilt uns Christen ja irgendwie auch nicht mehr. Natürlich werden damit komplexe Debatten der Hermeneutik und Ethik berührt. Tatsächlich gibt es Offenbarungsfortschritt und auch  zivilisatorischen Fortschritt. Aber eine einfache Frage wird man trotzdem nicht so leicht los: War der Gott des ATs ein anderer als der im NT? In der frühen Kirche beantwortete Markion diese Frage mit einem klaren Ja. Konsequenterweise warf er das AT aus seinem Kanon. Markion klopft auch heute an den theologischen Türen, und hier und da wird ihm Einlass gegeben.

Die Todesstrafe darf folglich zumindest in der theologischen Ausbildung kein Un-Thema sein. Denn die zukünftigen Verkündiger müssen dazu in der Lage sein, die Hinrichtungen im AT angemessen auszulegen. Diese wahrlich nicht angenehmen Fragen gehören auch auf die Kanzel. Dort muss dann vor allem die Bibel zur Sprache kommen. Ansonsten läuft man nur dem Zeitgeist hinterher.

Die Geschichtsfrage

Man kann es nicht oft genug betonen: Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts brach der breite Konsens zur Todesstrafe auseinander. Barth und Brunner nannte selbst Thielicke, der die Vollmacht zur Todesstrafe im „säkularisierten Staat“ als „erloschen“ ansieht, in ihrer Ablehnung „markante Ausnahmen“ (Theologische Ethik, 3). Natürlich gab es auch vorher schon Stimmen gegen sie. Ähnlich wie bei der Frage des Kriegsdienstes finden sie sich in der frühen Kirche. Thielicke: „Die alte Kirche hat sich durchweg gegen die Todesstrafe ausgesprochen“, was aber vor allem in der „Distanzierung vom heidnischen Staat“ begründet war. Ablehnend war dann natürlich unter den Anhängern der „radikalen Reformation“ zu finden, also in manchen anabaptistischen Kirchen. Schon früh ragten, wie so oft, die Quäker heraus. Diese Ablehnung hatte aber zuerst mit der recht großen Skepsis gegenüber allem staatlichen Handeln zu tun. Wer das Schwert, d.h. die Gewalt des Staates, allgemein ablehnt, kann gewiss auch mit dem Richtschwert nichts anfangen.

Die großen Kirchen – Katholiken, Lutheraner, Reformierte, Orthodoxe – hatten und haben unterschiedliche Positionen zum Verhältnis von Kirche und Staat. Doch sie alle gaben dem Staat das Recht, Todesurteile zu verhängen. Solch ein historischer Konsens ist nicht unbedingt entscheidend, entscheidend ist die Antwort der Bibel. Wir sind nicht Gefangene der Geschichte oder einer Tradition. Doch wenn die Bibel über Jahrhunderte, ja Jahrtausende in einer bestimmten Weise gedeutet wurde, sollte einem dies zumindest zu denken geben. Und will man sich von diesem Konsens absetzen und ihn korrigieren, trägt man die Beweislast, d.h. gute Argumente müssen auf den Tisch.

Heute ist zu fragen: Haben wir erst nun, im späten 20. und 21. Jahrhundert, die Liebe, die Ethik Jesu und die Menschenwürde entdeckt? Kann es sein, dass Geschwister über viele Jahrhunderte hinweg gleichsam im Dunkeln gefangen waren und Jesus völlig falsch verstanden haben? Es ist doch recht befremdlich, wenn z.B. Olson, ein Experte der Kirchengeschichte, zu solch hartem Urteil kommt – ein Urteil, das die Väter des Glaubens ganz schlecht aussehen lässt. Denn entweder waren diese böswillig, weil sie es besser wussten; oder sie waren faul und dumm, weil sie nicht nach besseren Antworten suchten; oder sie waren vom Zeitgeist vernebelt und hatten nicht den Mut, sich diesem zu widersetzen. In jedem Fall ist der schwarze Peter bei ihnen. Und heute folgen wir Jesus viel konsequenter nach…

Natürlich gibt es, Gott sei Dank, in der Dogmatik und Ethik Fortschritte. Leugner der Trinität staatlich zu verfolgen und mit dem Tod zu bestrafen? Wir tun dies aus bestimmten Gründen nicht mehr, und diese Gründe lassen sich nennen und klar formulieren. Ähnliches gilt ja für die Hexenprozesse. Wir wissen, warum wir sie nicht mehr verbrennen. Im Hinblick auf die Todesstrafe herrscht hier in Europa Nachholbedarf.

Das Argument der Kultur wird in diesem Zusammenhang oft gebraucht: die Zeiten waren andere, härtere, grausamere. Das mag wohl sein, aber was ist damit gewonnen? Vieles wird so verständlicher, aber die konkreten exegetischen und dogmatischen Fragen sind ja nicht durch einen bloßen Hinweis auf unterschiedliche Kultur geklärt. Der Gedanke der Toleranz, d.h. die Überzeugung, dass in Glaubensfragen keine staatliche Gewalt zur Anwendung kommen sollte, hatte es lange schwer. Aber schon Luther hatte diese Prinzipien recht klar formuliert. Manches musste sich tatsächlich erst nach und nach entwickeln, gleichsam heranreifen. Die Ablehnung der Todesstrafe reifte jedoch nicht heran, zumindest nicht im theologischen Sinne; bei den Reformatoren findet man, so glaube ich, nirgendwo auch nur den Ansatz einer grundlegenden Ablehnung. Waren die Väter des Glaubens geblendet und verstockt? Vielleicht. Aber dies ist ja immer zweischneidig: vielleicht sind wir ja die Geblendeten?

Viele Christen sind heute von der Arroganz der Gegenwart befallen: Früher haben sie alle an die Prädestination geglaubt; fast alle hielten daran fest, dass das Heil nur in der Kirche zu finden ist; und man gab dem Staat das Recht, gerechte Kriege zu führen und begründete Todesstrafen zu verhängen – oh Graus! Waren die damals völlig verrückt? Der Eine oder Andere vielleicht schon. Doch vielleicht ist uns ja heute der eine oder andere Maßstab ver-rückt?

Die Allianzfrage

Ein letzter Gedanke. Wie auch in der eingangs geschilderten TV-Sendung deutlich wurde, geht inzwischen ein Bruch durch Nordamerika und Europa. Auf unserem Kontinent wird die Todesstrafe auch von den allermeisten Kirchen einhellig abgelehnt, und das bis ins evangelikale Lager hinein. In den USA ist die Situation ja auch nicht einheitlich (in vielen Bundesstaaten wird sie nicht praktiziert); die großen mainline-Kirchen wie die katholische und lutherische (ELCA), die größte presbyterianische (PC-USA) und Clintons United Methodist Church sind „abolitionist“ – um die Abschaffung des Todesstrafe bestrebt.

Aber es gibt dort eben auch große Kirchen, die sich für die Beibehaltung der Todesstrafe aussprechen. Dazu gehören die lutherische Missouri Synode (LCMS) und die Orthodox Presbyterian Church sowie die größte protestantischen Kirche des Landes, der Bund der Südlichen Baptisten (SBC). Auch die PCA, größte theologisch konservative reformierte Kirche Nordamerikas, zu der z.B. Tim Kellers Gemeinde gehört, ist eher pro Todesstrafe. Ihr Theologe Ron Gleason hat mit The Death Penalty On Trial eines der besten Bücher zum Thema geschrieben. Schließlich ist zu erwähnen, dass der evangelikale Dachverband NAE sich 1972/73 überraschend klar zur Todesstrafe geäußert hat, nämlich positiv.

Hinweise auf die guten Argumente evangelikaler Theologen aus den USA treffen in Deutschland nur zu oft auf ein mehr oder weniger flapsiges „na und?“. Es begegnet einem  gerade bei den schwierigen ethischen Fragen recht viel Verachtung gegenüber den Geschwistern in Nordamerika – obwohl gerade dort mit die Besten ihres Faches sitzen. Bill Hybels finden auch in Deutschland ‘alle’ ganz toll, weil er natürlich solche heiße Eisen nicht anpackt. Interessanterweise wird sein doch auch recht amerikanischer geprägter Ansatz längst nicht so kritisch gesehen, wie es vielleicht nötig wäre. Lernen von den Geschwistern in den USA, so lautet die Devise. Sollte das dann aber nicht auch für die eher unangenehmen Fragen der Ethik gelten? Bill Hybels – super!, und Al Mohler – igitt!?

Vor Jahren meinte Hartmut Steeb, Generalsekretär der deutschen Allianz: „Wir sind gegen die Verhängung der Todesstrafe“. (Es ging um die drohende Todesstrafe für Homosexuelle in Uganda.) Das gibt in gewisser Weise sicher die Fakten wieder. Ab und an sollte man jedoch auch um der Bescheidenheit willen „wir – in Deutschland“ sagen. Und Evangelikale sollte sich dessen bewusst sein, dass es relativ leicht ist, sich in deutschen Medien entrüstet zu zeigen und von Barbarei und Ähnlichem zu sprechen. Wenn man dann nicht konkrete Exekutionen in Diktaturen meint, sondern alle Hinrichtungen, sind besser Worte zu wählen, die man auch amerikanischen Geschwistern ins Gesicht sagen könnte. Europa mag in mancher Hinsicht tatsächlich weiter als die USA sein, doch haben sie dort wirklich eine Vorliebe für Barbarei?

Gewiss: qualvolle Hinrichtungen sind menschenunwürdig und barbarisch (s. hier ein aktueller Beitrag in der “Welt”). Doch bedeutet dies gleichzeitig, dass die Todesstrafe als solche “einer Demokratie unwürdig” ist, wie die Überschrift des Kommentares verkündet? Zweifel sollten erlaubt sein.

Bild o.: Hinrichtung von Marie Antoinette