Alister McGrath in Litauen

Anfang vergangener Woche war Alister McGrath zu Besuch in Litauen. Den bekannten Theologen aus der anglikanischen Kirche hatte die Fakultät für katholische Theologie der Vytautas-Magnus-Universität in Kaunas eingeladen. Man war auf ihn aufmerksam geworden, da der Professor vom King’s College in London (ab 2014 wieder in Oxford) ein Experte des Neuen Atheismus ist. In Litauen kam 2010 Richard Dawkins Gotteswahn (Dievo iliuzija) heraus, und im vergangenen Jahr McGraths kritische Antwort:  Der Atheismus-Wahn (Dawkinso iliuzija?; deutsch hier). Das kompakte Buch stieß auf positives Echo im Land, so dass der Vox Altera-Verlag auch McGraths Sciene and  Religion – A New Introduction übersetzte (Mokslas ir religija – naujas įvadas). Anlässlich der Erstveröffentlichung in Litauen organisierten die katholischen Brüder mit einigen Abgeordneten eine kurze Konferenz im Seimas, dem Parlament.

McGrath in Kaunas

Hauptredner zum Thema Wissenschaft und Religion war am 9.12. McGrath (s. Foto o.), es folgten kürzere Beiträge von Litauern. Leider nutzten natürlich auch manche Politiker die Möglichkeit zur Selbstdarstellung. Eine ordentliche Diskussion zwischen den Rednern auf dem Podium und den etwa 200 Zuhörern gab es leider auch nicht. Holger nutzte die Gelegenheit, den Anwesenden wenigstens kurz zu erklären, wo der immer nur als „Theologe“ bezeichnete Brite kirchlich einzuordnen ist: ein führender protestantischer Autor und Apologet, Biograph von Lewis, Calvin und Packer, noch dazu aus dem evangelikalen Flügel der Kirche von England. Dies war durchaus nötig, denn selbst katholische Theologen kennen sich mit dem Innenleben anderer Kirchen nur begrenzt aus und halten z.B. alle Anglikaner für halbkatholisch.

Zum 50. Todestag von C.S. Lewis hat McGrath eine Biographie und ein weiteres Buch über die Gedankenwelt des großen christlichen Schriftstellers verfasst. Holger hatte sich auf ein Interview zu Lewis vorbereitet, doch leider kam es dazu – trotz frühzeitiger Anmeldung – nicht. An den bekannten Briten war kein Herankommen. Nur ein paar Sätze konnte Holger mit ihm wechseln, und schon musste dieser zum Mittagessen mit Politikern…

Von Journalisten umringt: Alister McGrath in Vilnius

Auf die Lewis-Verbindung hatte Holger die Katholiken im Vorfeld aber hinweisen können, so dass diese daraufhin noch eine öffentliche Vorlesung am Abend zu Lewis organisierten.  Am folgenden  Tag sprach McGrath an der Vytautas-Uni in Kaunas noch einmal zum Thema, dieses Mal vor einem eher studentischen Publikum. Ein Mitschnitt samt Übersetzung ins Litauische gibt es hier:

Man kann sich einerseits freuen, dass ein protestantischer Denker in einer katholisch geprägten Gesellschaft auf so offene Ohren trifft. Dies liegt auch an der recht ökumenisch eingestellten Leitung der katholischen Fakultät in Kaunas. Leider war es trotz ‘diplomatischer’ Bemühungen Holgers nicht möglich, aus dem ganzen eine eindeutiger interkonfessionelle Veranstaltung zu machen. Und es entbehrt nicht einer gewissen Ironie: der Besuch des bisher bekanntesten evangelikalen Theologen in Litauen rauschte an den protestantischen Kirchen weitgehend vorbei. Schade.

Positiv ist in jedem Fall, dass das Thema Glaube und Wissenschaft nun in vieler Munde ist. Holger hatte 2009 zwei längere Beiträge zu dem Themenfeld für das katholische Journal Naujasis Židinys-Aidai geschrieben. Es wird diese Reihe nun um einen dritten Teil vervollständigen, der sich den Herausforderungen der Evolution widmet.  Hier ist auch McGrath zu ergänzen, denn dieser ist gemäßigter Vertreter einer theistischen Evolution.

Auf Deutsch sind von McGrath z.B. Der Weg der christlichen Theologie erschienen, das auch am EBI in der russischen Übersetzung benutzt wird. Zu empfehlen ist neben der Calvin-Biographie auch Reformation Thought  – eine gute Einführung in die Reformation.