Von „Maxima“ bis „Humana“
Die 100 größten Arbeitgeber Litauens
1992 gründete eine Gruppe angehender Mediziner von gerade Mitte 20 die Einzelhandelsfirma „Vilniaus prekyba“ (Vilnius-Handel). Die ersten Geschäfte und das erste Logo der Firma ähnelten dabei denen von Aldi-Süd. Nach einigen Jahren wurde die „Maxima“-Geschäftskette etabliert, und der Name ist tatsächlich in jeder Hinsicht Programm: Inzwischen ist die Supermarktkette die mit Abstand größte im Baltikum, unterhält über 500 Geschäfte in Zentraleuropa, davon knapp die Hälfte in Litauen. Zur „VP Gruppe“ gehören außerdem Baumärkte („Ermitažas“) und Apotheken („Eurovaistinė“) sowie die gigantischen Einkaufszentren „Akropolis“ in den litauischen Großstädten. Der Versuch, im Energiesektor ganz vorne mitzuspielen, scheiterte jedoch vor etwa zehn Jahren. Hauptaktionär des VP-Imperiums ist mit einem Vermögen von gut einer Milliarde Euro Nerijus Numavičius, der damit reichste Litauer. „Lidl“ baut nun ein paar Dutzend Läden in Litauen auf und muss sich auf einen harten und erfahrenen Konkurrenten gefasst machen.
Bei „Maxima“ sind über 17.000 Einwohner Litauens tätig. Damit ist Numavičius der größte Arbeitgeber im Land. Fast 8000 Angestellte sitzen an den Kassen der „Iki“-Kette, die ebenfalls ein dichtes Netz an Märkten unterhält (die belgische Gründung „Palink“ gehört nun zur „Core“-Einkaufsgemeinschaft). Auf den Plätzen neun bis elf folgen weitere große Einzelhandelsriesen: „Senukai“ (auch in litauischem Besitz; Baumärkte) sowie die Supermarktketten „Norfa“ und „Rimi“. Bei diesen drei sind jeweils um die 3.500 Mitarbeiter unter Vertrag.
Auf dem dritten Platz der wichtigsten Arbeitgeber liegt die staatliche Eisenbahn Litauens (Lietuvos geležinkeliai; im Bild o. der Bahnhof von Šiauliai). Gut zehntausend Bürger verdienen dort ihr Geld. Haupteinnahmequelle der litauischen Bahn ist dabei mit Abstand der Güterverkehr. Der Personenverkehr ist im europäischen Vergleich eher unterentwickelt; als öffentliches Reisemittel zwischen den Städten dominieren seit langem die Fernbusse. Ein weiterer wichtiger Transportriese ist „Vilnius öffentlicher Transport“ mit über zweitausend Mitarbeitern. Fast genauso viele laufen immer noch über das Gelände des Atomkraftwerks von Ignalina, das abgewrackt wird – ein Prozess, der offensichtlich ewig dauert und immer noch Unsummen verschlingt.
Gehörig abgespeckt hat übrigens die Post Litauens, die vor einigen Jahren privatisiert wurde und bei der nun knapp 6000 Mitarbeiter tätig sind. Ähnliches ist von der früheren Telekom zu sagen. Der größte Festnetzbetreiber wurde Ende der 90er Jahre verkauft; die Aktienmehrheit an „Teo Lt“ wird nun vom finnisch-schwedischen Konzern „TeliaSonera“ gehalten, der in Litauen nur noch etwa 2000 Angestellte beschäftigt.
Ein überdimensionierter Beschäftigungssektor sind die großen Krankenhäuser des Landes. Zur Klinik der Medizinischen Hochschule in Kaunas gehören über 7000 Angestellte; am Hospital der Vilniusser Uni arbeiten fast 4000, in der Klinik von Šiauliai 2.500 Menschen. Ärzte und Angestellte im Gesundheitswesen gibt es in Litauen nicht zu wenig, da sind sich alle Experten einig. Die Bezahlung ist jedoch immer noch recht bescheiden bzw. schlecht, und die Ergebnisse lassen oft zu wünschen übrig. Bei so viel gut ausgebildetem Personal ist es vielleicht kein Zufall, dass auch einer der größten privaten Arbeitgeber im Medizinsektor angesiedelt ist: „Intersurgical“ mit Hauptsitz in England stellt verschiedene medizintechnische Geräte her und ist mit über 1.700 Mitarbeiter wichtigster High Tech-Arbeitgeber des Landes!
Die Hochschulen Litauens bieten neben den großen Krankenhäusern ebenfalls zahlreiche Arbeitsplätze. An der Spitze steht die älteste und angesehenste Universität des Landes, „Vilniaus universitetas“. Die einst von Jesuiten gegründete Uni hat heute über 5000 Mitarbeiter. Etwas halb so viele sind bei der Technischen Universität in Kaunas angestellt, knapp 1800 bei der TU in Vilnius.
Die Banken in Litauen sind schon seit geraumer Zeit alle in privatem Besitz. Marktführer ist die schwedische SEB (1700 Angestellte), die anderen skandinavisch geführten Kreditinstitute wie Swedbank, DnB, Danske haben gut eintausend Mitarbeiter. In Vilnius unterhält übrigens das britische Finanzunternehmen „Barclays“ seit 2009 ein technologisches Zentrum mit immerhin 1300 Mitarbeitern.
Im Bereich der Dienstleistungen sind die verschiedenen Sicherheitsdienste zu nennen. An der Spitze steht hier die international tätige „G4S“ (Group for Security) mit einem Personal von 1700 Angestellten. Auch Speditionen und allgemein das Transportwesen sorgen für zahlreiche Arbeitsplätze. Der größte Versicherer, „Lietuvos draudimas“, wurde 1999 privatisiert und gehört nun einer britischen Versicherungsgruppe und hat einen Marktanteil von ca. 35% sowie 1200 Mitarbeiter.
Von den alten Industriegiganten sind nicht mehr viele übrig (die vormals sowjetischen Elektronikriesen sind praktisch alle verschwunden). Geblieben ist die einzige Raffinerie im Baltikum an der Grenze im Norden bei Mažeikiai; der polnische „Orlen“-Konzern beschäftigt auf dem wohl größten industriellen Gelände einer einzelnen Firma 1400 Arbeiter. Die Düngemittelhersteller „Achema“ bei Jonava und „Lifosa“ bei Kėdainiai, die größten Chemiebetriebe im Baltikum, sorgen für etwa 1200 bzw. 1000 Arbeitsplätze. Das dichteste Tankstellennetz im Land unterhält der russische „Lukoil“-Konzern mit 1000 Mitarbeitern.
Im technischen Bereich müssen zwei Unternehmen noch genannt werden: „Fl technics“ in Vilnius hat sich auf Wartung von Flugzeugen spezialisiert und gibt 800 Technikern Arbeit; außerdem die „Pkc“-Gruppe aus Finnland, die Kabelsysteme für Lkws von 1100 Mitarbeitern herstellen lässt.
In Forst- und Landwirtschaft sowie der Fischerei sind immer noch insgesamt über 100.000 Menschen beschäftigt, knapp 10% aller Arbeitsnehmer. Traditionell gut aufgestellt und stark exportorientiert sind die großen milchverarbeitenden Betriebe wie „Žemaitijos pienas“ (Schemaitische Milch) oder „Rokiškio sūris“ (Rokiškis-Käse). Die beiden großen Geflügelzuchtunternehmen in Vilnius und Kaišiadorys beschäftigen 1300 bzw. 900 Mitarbeiter.
Die Textilindustrie ist in Litauen immer noch gut vertreten, als ganz großes Unternehmen ist aber nur noch „Lelija“ übergeblieben. Das 1947 gegründete Unternehmen, das Oberbekleidung schneidert, beschäftigt an sechs Standorten gut 1000 Mitarbeiter. „Audimas“, spezialisiert auf Sport- und Freizeitkleidung, hat etwa 450 Mitarbeiter in Litauen unter Vertrag. Die List der 100 wichtigsten Arbeitsgeber schließt ein weiteres Unternehmen der Kleidungsbranche ab: „Humana“ hat in jedem größeren Ort Läden für Secondhand-Kleidung und beschäftigt 800 Angestellten.
Über einhunderttausend Firmen gibt es im Land, bei denen über 1,3 der knapp drei Millionen Einwohner angestellt sind. In großen Betrieben mit mehr als 250 Mitarbeitern sind 380.000 beschäftigt. Mittelgroße Unternehmen (50 bis 249 Angestellte oder Arbeiter) 150.000, bei Kleinstbetrieben mit weniger als zehn Mitarbeitern stehen immerhin eine Viertelmillionen auf der Gehaltsliste. Knapp eine Million sind im privaten Sektor beschäftigt, 360.000 im öffentlichen. Davon entfallen ziemlich genau ein Drittel, etwa 120.000, auf alle Beschäftigten im Erziehungssektor, also Erzieherinnen und Lehrerinnen (insg. tatsächlich weit über 90% weiblicher Anteil). Zusammengenommen bilden daher alle Kindertagesstätten und Schulen den mit Abstand größten Arbeitgeber.
Übrigens könnte man auch die katholische Kirche in die Liste aufnehmen. Gut sechshundert Priester arbeiten in den Diözesen, und rechnet man Ordensmitglieder und alle Angestellte hinzu, nähert man sich sicher der Marke von eintausend Beschäftigten an.
[…] Zuerst erschienen auf lahayne.lt […]