"Gott, segne Lettland"

“Gott, segne Lettland”

Am ersten Januar zog der estnische Premier Andrus Ansip einen ersten Euro-Schein aus einem Geldautomaten in Riga. Valdis Dombrovskis überließ dem Amtskollegen aus Tallinn den Vortritt. So kennt man den jungen lettischen Regierungschef (Jahrgang 1971) – unauffällig, bescheiden, aber effektiv. Er brachte mit seiner liberal-konservativen Regierung ein Kunststück fertig: Lettland führte er aus einer tiefen wirtschaftlichen Depression im Jahr 2009 heraus; radikale Kürzungen im Haushalt und IWF-Kredite bewahrten das baltische Land vor dem Bankrott. Und nun, ein paar Jahre später, zeigt sich die Frucht der Rosskur: Lettland ist fit für den Euro. Dombrovskis wurde wiedergewählt (trotz harter Maßnahmen und sozialer Einschnitte!) und ist schon im fünften Jahr im Job. Seit Ende November übt er sein Amt nur geschäftsführend aus: Nach dem Einsturz des Daches eines Maxima-Supermarkts in Riga mit über 50 Toten trat der Premier eine Woche später zurück, und eine neue Regierung hat sich noch nicht gebildet.

Für Litauen ist die baltische Euro-Geschichte etwas peinlich. 2005 plante man in Vilnius schon die Euro-Einführung für 2007 – mit Slowenien. Doch die sozialdemokratisch geführte Regierung unter Premier Brazauskas ließ die Zügel schleifen und riss die Inflationshürde – wenn auch nur sehr knapp. Der politische Wille wie später in Lettland fehlte. Premier Kubilius kämpfte dann ab 2008 gegen die Wirtschaftskrise an, brachte den Haushalt in Ordnung, doch anders als Dombrovskis wurde er 2012 abgewählt. Nun bleibt Litauen mit an sich der zweitstärksten Wirtschaft im Baltikum nur noch die Rolle des Nachzüglers: 2015 soll auch in der südlichsten baltischen Republik die Europa-Währung eingeführt werden.

Nun verschwindet also der Lat, für zwanzig Jahre Währung in Lettland. Frank Stocker liefert in seinem Beitrag in der Welt viele Hintergründe zum alten Zahlungsmittel, das weltweit einen der höchsten Nominalwerte hatte, und zu den neuen Euros mit Design aus Lettland.  Auf den lettischen 2-Euro-Münzen ist Milda, die Personifikation Lettlands, abgebildet. Am Rand dieser Münzen ist die erste Zeile aus der Nationalhymne eingraviert: Dievs, svētī Latviju – Gott, segne Lettland.

Die Hymne wurde 1870 von Kārlis Baumanis verfasst und beginnt so:

Gott, segne Lettland,
Unser teures Vaterland,
Segne Lettland,
Ach, segne es doch!

Gottesbezüge gibt es ja in einigen Hymnen (hier wären die estnische, georgische, isländische, norwegische und helvetische zu nennen). Doch nur in der serbischen, ungarischen und eben der lettischen wird Gott gleich am Beginn angerufen (zu erwähnen ist sicher auch noch die De-facto-Hymne der Briten: God save the Queen). Mehr zur lettischen Hymne hier.

Die litauische Nationalhymne erwähnt Gott mit keinem Wort – kein Wunder, war ihr Dichter Vincas Kudirka doch ein Freidenker und Kritiker der katholischen Kirche (wie so manche Führer der Nationalbewegung vor einhundert Jahren).