Lohn: zwischen Himmel und Erde
Bemerkungen zum Himmelslohn, Verkündigungslohn, fairen Lohn und Mindestlohn – auch in eigener Sache
Das Neue Testament macht an überraschend vielen Stellen deutlich, dass Christen im Himmel Lohn empfangen werden (z.B. Lk 6,23 o. Hbr 11,6). Dies gilt allgemein für das Leben eines jeden Jüngers. Dereinst wird Gott unsere Werke nach seinen vollkommenen Maßstäben gerecht bewerten und belohnen. Im Ersten Brief an die Korinther wendet Paulus dies konkret auf den Dienst im Reich Gottes auf Erden an. Der Apostel vergleicht diesen mit dem Wachstum von Pflanzen: „Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen; aber Gott hat Gedeihen gegeben. So ist nun weder der pflanzt noch der begießt etwas, sondern Gott, der das Gedeihen gibt… Jeder aber wird seinen Lohn empfangen nach seiner Arbeit.“ (3,5–8) Im nächsten Kapitel wird deutlich, dass Paulus hier an eine himmlische Lohnabrechnung denkt: „Darum richtet nicht vor der Zeit, bis der Herr kommt… Dann wird einem jeden von Gott sein Lob zuteil werden.“ (4,5)
Von einem anderen Lohn spricht Paulus in Kapitel 9 des Briefes. Er knüpft an der Versorgung der Tempeldiener im AT an und formuliert dann den folgenden Grundsatz: „Genauso hat es der Herr auch im Hinblick auf die angeordnet, die das Evangelium verkünden: Sie haben das Recht, von der Verkündigung des Evangeliums zu leben.“ (V. 14) Schon im NT wird also von Mitarbeitern der Gemeinde gesprochen, die sich ihren Aufgaben und Ämtern mit ganzer Kraft und Zeit widmen, so dass sie auf die materielle Versorgung der Geschwister angewiesen sind (s. auch 1 Tim 5,17–18; 2 Tim 2,4.6; Gal 6,6). Auf dieses Recht kann unter Umständen verzichtet werden. Paulus schreibt im folgenden Vers: „Ich aber habe nichts von dem, was mir zusteht, in Anspruch genommen.“ Der Apostel sorgte zumindest zweitweise selbst für seinen Lebensunterhalt (s. Apg 18,3; 20,34). Evangeliumsverkündiger in Gemeinde und Mission werden also in der Regel für ihren Dienst bezahlt. Ausnahme sind die „Zeltmacher“ in den Spuren des Apostels, die einem säkularen Beruf nachgehen, ihre Hauptberufung aber im Verkündigungsdienst sehen.
Missionare bestreiten ihren Lebensunterhalt meist durch Spenden aus dem entsendenden Land. Denn die Gemeinden und Werke im Einsatzland können weitere Mitarbeiter aus dem Ausland finanziell oft nicht tragen. Dies gilt auch in Litauen. In der Studentenmission arbeiten wir daran, dass die einheimischen Mitarbeiter durch litauische Christen kräftiger unterstützt werden. Am Bibelinstitut beteiligen sich die Studierenden, die litauischen Kirchen sowie Missionen an der Finanzierung; die ausländischen Lehrkräfte belasten das knappe Budget nicht weiter, so dass die litauischen Dozenten entlohnt werden können. Die reformierte Kirche Litauens lebt fast ausschließlich von den Beiträgen ihrer Mitglieder und schafft es gerade so die Ordinierten zu versorgen. Fazit: Natürlich nimmt der Wohlstand der litauischen Christen zu; in den kommenden Jahren müssen sie weiter lernen, die Landsleute im vollzeitlichen Dienst besser zu versorgen. Es ist nun aber nicht angebracht, als Deutscher auch noch in diesem Teich zu fischen.
Ein weiterer Lohn machte in den vergangenen Jahren oft Schlagzeilen: der Mindestlohn. Sein Für und Wider soll hier nicht diskutiert werden. Nur so viel: Die Kategorie der Fairness (Stichwort „fairer“ oder gerechter Lohn) hilft kaum weiter. Die Streuung von Gehältern und Einkommen empfinden wir oftmals als ungerecht: Warum ‘verdienen’ z.B. Profisportler Millionen, und Arbeitnehmer, die im Bereich Pflege und Bildung gesellschaftlich kaum weniger ‘wichtigere’ Dienste leisten, befinden sich am unteren Ende der Lohnskala? Solange sich alle an die Gesetze halten, ist dies jedoch nicht ungerecht im eigentlichen Sinne. Wer soll denn entscheiden, was wirklich gerechte Löhne sind und was nicht? Diskutieren kann man jedoch, mit welchen Gehältern man halbwegs ein normales Auskommen bestreiten kann und wo dafür die Untergrenzen sind.
Fakt ist in jedem Fall: Deutsche Arbeitgeber müssen nun seit Jahresbeginn den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro brutto pro Stunde zahlen. Im Grunde gilt dies auch für in Deutschland ansässige Missionen und ihre Mitarbeiter. Allerdings bsteht Unklarheit, ob der Mindestlohn für ins Ausland entsandte Arbeitnehmer zu zahlen ist. Der Dachverband der evangelikalen Missionen, die AEM, bemüht sich um eine Ergänzung des Gesetzes dahingehend, dass hier eine klare Ausnahmeregelung für Missionare festgeschrieben wird. Aber noch ist das Zustandekommen völlig offen. Die Zollverwaltungen werden die Einhaltung des Gesetzes bei Missionswerken im Hinblick auf Missionare wohl nicht prüfen. Aber in einer Expertise von Frankfurter Anwälten für die AEM-Werke heißt es: „Wer ganz sicher gehen will, sollte sicherstellen, dass auch den im Ausland entsandten Missionaren der Mindestlohn bezahlt wird.“
Unser Gehalt bei „Neues Leben“, komplett aus den Spenden eines eigenen Freundeskreises finanziert, liegt brutto etwa 250€ unterhalb des Mindestlohns, der bei Regelarbeitszeit gut 1500€ beträgt. Ohne das recht üppige deutsche Kindergeld (bei vier Kindern immerhin 773€ im Monat) würden wir mit knapp 1000€ beim besten Willen nicht auskommen (zumal wir damit auch so gut wie alle Arbeitskosten decken). Noch vor etwa fünfzehn Jahren konnte man von solchem Geld im Baltikum gut leben, doch inzwischen liegen das allgemeine Preisniveau und die Lebenshaltung nur noch etwa 30% unterhalb des deutschen Schnitts. Manche Dinge des täglichen Bedarfs sind in Litauen immer noch deutlich günstiger als in Deutschland wie vor allem einige Grund-nahrungsmittel und Dienstleistungen; anderes kostet ähnlich viel (Lebensmittel, Kleidung, Treibstoff), manches sogar deutlich mehr (Heizkosten vor allem – Litauer bezahlen den höchsten Gaspreis in der ganzen EU). Von einer weiteren Angleichung der Lebensbedingungen in der EU ist auszugehen.
Unsere Mission ist nicht wirklich gezwungen, den Mindestlohn zu zahlen. Aber gebrauchen können wir ihn wahrlich! Wir nutzen Möglichkeiten des Zuverdienstes, die sich bieten (wie Übersetzungen), doch damit lassen sich nur hier und da Löcher stopfen. Im Grunde sind wir dringend auf einen höheren Spendeneingang angewiesen. Denn nur bei regelmäßig rund 300€ mehr im Monat kann ein neues Gehalt auf Höhe des Mindestlohnes festgelegt werden. Wer unsere Dienste in Litauen unterstützen möchte, bekommt auf dieser Seite alle nötigen Informationen. Ganz herzlichen Dank!
(Bild o.: Szene aus dem „Jüngsten Gericht“ von Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle.)
[…] Zuerst erschienen auf lahayne.lt […]