Gegenpol zum Hegemon?
„Die Gazette ist anders“
„Es gibt Leute, die mächtig auf den Putz hauen. Das macht Eindruck, hat aber den Nachteil, dass der Putz bröckelt; dann sieht man, wie wenig dahinter ist. Es gibt auch viele Medien, die auf den Putz hauen. Zu ihnen gehört Die Gazette nicht.“ Heribert Prantl von der „Süddeutschen“ erklärte „Die Gazette – das politische Kulturmagazin“ zu einem „Medienfavoriten 2012“. Die Gazette sieht sich, wie es auf Wikipedia nicht unbescheiden heißt, als „Intelligenzblatt zwischen Zeit und Spiegel”. Als Zielgruppe sieht man „Gutausgebildete, Entscheider, Meinungsführer und Multiplikatoren”. Und Prantl meint: „Eine ganz klare politische Linie hat das Blatt nicht; man darf es ‘aufklärerisch’ nennen.“
„Die Gazette ist anders“, so die NZZ. Herausgeber Fritz Glunk in einer Meldung aus dem Jahr 2006: „Hier ist eine Zeitschrift, die ihm [dem Leser] Augen öffnet über bestimmte Aktualitäten, die ich gerne mit Walter Benjamin die ‚wahre Aktualität’ nenne, nicht die Tagesaktualität. Das sind Entwicklungen, die sich langsam, noch unsichtbar, aber schon dem genauen Blick erkennbar, anbahnen und die morgen akut werden und dann in allen Zeitungen stehen. Diese Entwicklungen sind unser ideales Thema“. Zur Leserschaft: „Es sind gebildete Personen. Es sind politisch interessierte Personen…, es sind sozusagen postmateriale Personen. Die sind am Gemeinwohl interessiert.“
Bei so viel Lob ist man gespannt auf die aufklärerischen Beiträge. Im vergangenen Jahr teilte in Nr. 43 Willy Wimmer im „Gazette-Interview“ seine Sicht des Ukraine-Konflikts unter der Überschrift „Die USA und die NATO tragen die Fackel des Krieges nach Russland“ mit. Wimmer ist einer der Politik-Veterane, die nun, viele Jahre nach ihrer aktiven Rolle in Parlamenten und Regierungen, voll vom Leder ziehen können. Mit seinen Thesen ist Wimmer dem Kreml-Nachrichtenprotal Sputnik immer eine Nachricht wert.
Im vergangenen Jahr steuerte Wimmer diese Meinung bei: „Das amerikanisch-Kiew-ukrainische Ziel dieses Vorgehens wird auf den offenen Krieg mit Russland aus sein, um letztlich die Ukraine als Bollwerk nutzen zu können – nicht nur gegen Russland. Sollte es gelingen, die Ukraine derart den USA dienstbar zu machen, wird es einen kompletten Riegel unter US-Kontrolle zwischen dem Baltikum über Polen und die Ukraine zum Schwarzen Meer geben. Ein amerikanisches Ziel, das auf dem NATO-Gipfel in Riga 2006 schon einmal angesteuert worden ist.“
„Neoliberale Regimes“
Auch in der folgenden Nr. 44 (Winter 2014) zeigte „Die Gazette“, dass sie eben doch zumindest eine „ganz klare politische Linie“ hat: den Anti-Amerikanismus. „Frieden durch Krieg? – Die USA in der Kritik“ lautete das Thema des Hefts. Nun ist Kritik der USA natürlich legitim, aber schon das Editorial von Chefredakteur Christian Müller lässt aufhorchen: Die USA seien zwar kriegserfahren, doch „der Durchschnitts-US-Amerikaner hat keine Ahnung, was Krieg wirklich ist.“ Nun haben die USA auf eigenem Territorium schon lange keine Kriege geführt. Aber kaum ein anderes Land im Westen hat in der Zeit nach dem letzten Weltkrieg so viele Tote auf den Kriegsschauplätzen der Welt zu beklagen: Korea und Vietnam, Irak und Afghanistan. Wie immer man diese Einsätze beurteilt – der Durchschnittsamerikaner weiß viel besser als der Durchschnittsdeutsche, was Krieg wirklich ist.
Im Beitrag „Die USA und ihre globalen Kriege: Zerstörung statt Aufbau“ haut James Petras dann mächtig auf den Putz. Der emeritierte Soziologieprofessor lässt nicht ein gutes Haar an den USA, seiner Heimat. Sie bauten ein globales Imperium auf, aber anders als das „Empire-Building“ der Vergangenheit, hätten wir nun einen „Blutsauger-Staat“. „Washington und seine europäischen Alliierten unterstützten einen bewaffneten Aufstand in Syrien, hoffend, eine Marionetten-Regierung installieren zu können und damit Damaskus ins eigene ‘Empire’ zu überführen.“
Anschließend blickt Petras gen Osteuropa: „Im Nachgang des Kollapses der UdSSR inkorporierten die USA und die EU die exkommunistischen baltischen, osteuropäischen und Balkan-Staaten in ihren machtpolitischen Dunstkreis. Dies verletzte klar wichtige Abmachungen mit Russland, indem die meist neoliberalen Regimes auch in die NATO inkorporiert wurden und die NATO-Streitkräfte nun bis an die Grenze Russlands stationiert sind. Während des korrupten Regimes von Boris Jelzin in Moskau plünderte der Westen regelrecht die russische Wirtschaft – in Zusammenarbeit mit lokalen Gaunern, den Oligarchen… Der Niedergang von Jelzins Vasallenregime und der Aufstieg und die Erholung Russlands unter Vladimir Putin veranlassten die USA und die EU zur Strategie, ihr ‘Empire’ durch Besetzung des Kaukasus und der Ukraine zu festigen und auszudehnen. Ein Macht- und Staatsstreich der Marionetten-Regierung in Georgia, die im Jahr 2012 [tatsächlich 2008] die russischen Streitkräfte in Ossetia angriff, wurde entschieden zurückgeschlagen. Doch dies war ja nur die Generalprobe für den Coup in Kiew.“
So plump verdreht noch nicht einmal „Sputnik“ die Wahrheit. Mir ist völlig schleierhaft, wie solch ein sprachlicher Duktus in irgendeiner Weise bildungsnah, aufklärend oder intellektuell verantwortlich sein soll. „Inkorporiert“, „Regimes“ – die freien Staaten Zentraleuropas haben sich freiwillig, frei und ungezwungen, Bündnissystemen angeschlossen. Alles nur Schein? Nun mag dies Petras nicht gefallen, aber gibt ihm das das Recht, die Regierungen pauschal als „neoliberal“ zu brandmarken? Nur weil dort hier und da Liberale in Regierungsverantwortung kamen? Russland habe Putin „Aufstieg und die Erholung“ zu verdanken. Und das habe natürlich den Neid der letzten Weltmacht auf den Plan gerufen. Man muss sich schon zum Glauben an Verschwörungstheorien bekehrt haben, um zur Überzeugung zu gelangen, auch die EU wolle ihr Empire bis in den Kaukasus ausdehnen.
In der Ukraine hätten die USA „einen gewalttätigen Putsch“ finanziert, die gewählte Regierung wurde vertrieben, damit „ein handverlesener pro-NATO-Kandidat die Macht in Kiew übernehmen konnte“. „Das neue pro-USA-Regime beeilte sich, alle unabhängigen, demokratischen, föderalistischen, zweisprachigen und anti-NATO-Stimmen zu vertreiben, speziell unter der zweisprachigen Bevölkerung in der Südost-Ukraine. Der Coup und die daraus resultierenden Säuberungen bewirkten einen größeren bewaffneten Aufstand im Südosten des Landes, der der Armee und den NATO-unterstützten Neonazi-Privatarmeen einiger Oligarchen erfolgreich zu widerstehen vermochte.“
Wenn von „NATO-unterstützten Neonazi-Privatarmeen“ geschwafelt wird, dann haben wir es ganz bestimmt mit in einem „Intelligenzblatt zwischen Zeit und Spiegel“ zu tun… Petras stellt unverblümt die Wahrheit auf den Kopf und macht sich zum Propagandagehilfen des Kreml: Gott sei Dank schickte Putin Hilfe in den Donbass, um dort Schlimmeres zu verhindern.
„Schließlich nutzten die USA und die EU den ukrainischen Konflikt als Vorwand für eine massive militärische Konzentration an den russischen Grenzen, für den Aufbau weiterer NATO-Raketenbasen und die die Schaffung einer Schnell-Eingreif-Elitetruppe, die in der Lage ist, ein zögerliches Marionetten-Regime zu schützen oder auch einen künftigen NATO-freundlichen Putsch gegen irgendwelche Gegner zu unterstützen.“
Wie diese „massive militärische Konzentration“ aussehen soll, bleibt rätselhaft. Keinerlei Beleg. Die tatsächlichen Zahlen sprechen für sich. „Weitere“ Raketenbasen gibt es nicht. Petras spricht von der „leichte[n] Übernahme der ehemals kommunistischen Länder durch die USA und die EU, meist via Wahlurne oder ‘farbige’ Revolutionen.“ Ein starkes Stück, und ein Schlag ins Gesicht aller Zentraleuropäer! Freie Wahlen? Alles Schnickschnack. In Wahrheit „Übernahme“ durch das Empire. Die „ehemaligen Satellitenstaaten“ der UdSSR mit ihren „kulanten und korrupten Eliten“ sind natürlich leicht vom bösen Doppelgestirn USA und EU zu manipulieren. Nicht zu vergessen: all das könne „sogar zu einem nuklearen Weltkrieg führen.“
Wahrlich eine Zeitschrift, die dem Leser „die Augen öffnet“. Man erkennt zügig, dass sich unter wohlklingendem Titel („das politische Kulturmagazin“) übelste Verdrehung der Wahrheit verstecken kann. Viele dreschen mit Vorliebe auf die „Lügenpresse“ ein, doch diese kleineren Fische können derweil hanebüchernen Unsinn verbreiten.
„Freiheit statt Demokratie“
Wie kann in ernsthaften Journalen so ein Wutartikel landen? Eine Erklärung ist wohl, dass man auf Teufel komm raus das geopolitische Gleichgewicht eben wieder ins Gleichgewicht bringen will. Eine einzige Supermacht, die USA, darf nicht sein. Besonders Russlands bietet sich nun wieder als Gegenpol zum Hegemon Amerika an.
Mitte November veranstaltete das libertäre Journal „eigentümlich frei“ eine mehrtägige Russlandkonferenz auf Rügen. Die Vorträge sind im Internet abrufbar und mitunter durchaus interessant. Prof. Erich Weede aus Bonn warnte davor, durch z.B. Sanktionen Russland in die Arme Chinas zu prügeln. „Wir Deutschen, wir Westler, haben ein Interesse an der Unabhängigkeit Russlands.“ Im Übrigen sollte man keine Angst vor Russland haben. Die Nato-Osterweiterung bezeichnete Weede als Fehler, plädiert nun aber für Truppenstationierungen im Baltikum. Alles ganz ordentlich dargestellt, doch, salopp gesprochen, die Perspektive des warmen deutschen Sofas ist unüberhörbar: In Deutschland hat keiner vor Russland Angst, sicher nicht. Die Frage ist, ob die kleinen Länder im Vorgarten Russlands Angst haben und ob diese Angst berechtigt ist. Und hier wird leider viel zu oft großmütig zugestanden: ja ja, historisch kann man die Ängste der Balten verstehen, aber tatsächlich sei das Bedrohungsgefühl heute unbegründet.
Thomas Fasbender, seit Jahrzehnten in Russland lebend: „Warum wir Europäer Russland brauchen wie es ist, nicht wie manche es gerne hätten.“ Von Russland aus gesehen wird ein „Versagen der kollektiven Werte, Verlust der kollektiven Fähigkeiten“ im Westen beklagt. „Wir haben in Russland immer noch das Verständnis einer kollektiven Identität, das wir im Westen verloren haben.“
Bei Fasbender klingt das noch ganz nett. Alexander Dugin im vergangenen Jahr im „Spiegel“-Interview: „Im Westen stehen die Menschenrechte über denen des Kollektivs, in der islamischen Welt steht die Religion höher als das Recht des Einzelnen, in Russland sind es die Rechte der Gemeinschaft, kollektive Rechte“. Tatsächlich skizziert dies einen Grundkonflikt: Ja, im Westen stehen die Menschenrechte über denen des Kollektivs. Und genau das ist christlich und biblisch gut begründet! Nur so ist z.B. der Lebensschutz als Maxime zu rechtfertigen. Wenn „kollektive Rechte“ die Oberhand nehmen, dann muss mit dem Schlimmsten gerechnet werden. Denn dann geraten die Schwächsten und die Unliebsamen unter die Räder.
„Versagen der kollektiven Werte“ – alle wissen, dass darin Wahrheit steckt (wobei auch dies in seiner Pauschalität kaum trifft; kennen z.B. die USA keine kollektive Identität??). Doch dies heißt ja nun gerade nicht, dass das Kollektiv die Alternative ist. Das westliche Modell, das erneut ins Gedächtnis und die Praxis zurückkehren muss, lautet doch so: das Individuum in freiwilliger Bindung an den Anderen (s. dazu sehr gut Udo Di Fabio in Die Kultur der Freiheit). Der Einzelne in Gemeinschaft, die aber nach Möglichkeit frei und ohne Zwang eingegangen wird. Das russisch-eurasische Modell skizziert ja Dugin in dem wahrlich interessanten Gespräch: „Sie sagen: ‘Es gibt keine Kritiker des putinschen Kurses mehr. Und wenn es sie gibt, dann sind das psychisch Kranke, und man muss sie ärztlicher Überwachung übergeben. Putin ist alles, Putin ist unersetzbar.’ Ist das wirklich von Ihnen? Dugin: Ja. SPIEGEL: Psychisch krank? Dugin: Diejenigen, die Putin angreifen, greifen die Mehrheit an. Das ist psychisch anormal, ein Abweichen von der Norm. Muss man Normabweichungen dulden? Man muss. Muss man Anomalität zur Norm machen? Nein. Deswegen sind Leute, die Putin nicht unterstützen, psychisch nicht normal. Aber psychisch Kranke haben ein Recht auf Heilung, auf Unterstützung.“ Man erinnere sich daran, dass man unliebsame Regimegegner in der UdSSR und anderswo im Ostblock gerne in Psychiatrien wegsteckte. Den politischen Gegner und Dissidenten für krank zu erklären und sie dann auch so zu behandeln, ist alte Sowjettradition.
Fasbender hat sein Russland-Portrait Freiheit statt Demokratie genannt. Russlands sei zwar keine Demokratie westlichen Zuschnitts, aber „ich fühle mich in Russland freier.“ Leider hat Fasbender, und muss man es so scharf sagen, Grundlagen der politischen Theorie – und Praxis – nicht verstanden: Es ist gar nicht die Frage, wer sich wann wie frei fühlt; schließlich kann man sich auch in Diktaturen sehr lange sehr frei fühlen. Die Frage ist, was passiert, wenn man die staatliche Macht kritisiert und mit ihr in Konflikt gerät. Fasbender tut dies offensichtlich nicht. Aber auch er sollte nicht grundsätzlich ausschließen, dass dies für andere gelten kann und womöglich auch er selbst in diesen Konflikt geraten könnte. Nehmen wir einmal an, Fasbender sähe seine Recht massiv beeinträchtigt oder angegriffen: Würde er diese Rechte lieber vor einem russischen oder einem britischen, deutschen und amerikanischen Gericht verteidigt sehen? Demokratie bedeutet vor allem eins: Rechtsstaat, und konkret: Freiheitsschutz des Einzelnen im Konfliktfall. Im Konflikt mit der höchsten Macht in Russland zieht der Einzelne nur zu schnell den Kürzeren. Warum sich auch um das Individuum so sehr scheren? Die „kollektiven Werte“ zählen doch. Stünde Fasbender vor einem russischen Gericht, ich glaube, ja ich bin mir sicher: er würde sich auch ein anderes Russland wünschen. Denn auch er wird wohl kaum zu behaupten wagen, Russland sei ein Rechtsstaat.
Natürlich hat Fasbender mit seiner Kritik Recht, wenn er beklagt, dass es z.B. in Deutschland „Dinge gibt, die man nicht mehr sagen darf“. Doch daraus folgt doch nicht, dass man nun von Russland die Meinungsfreiheit oder den gesunden Pluralismus lerne müsse. Wo soll es denn dort in diesem Bereich etwas zu lernen geben? Was aus Mißständen im Westen folgt, ist doch einfach, dass man konsequent für die westlichen Werte kämpfen muss, die von dem „Meinungsmainstream“ eben drohen eingeebnet zu werden.
„Alleinregierende Supermacht“
Auf der Russland-Konferenz brachte es Robert Grözinger in seinem Vortrag auf den Punkt: Die USA sind nun „quasi alleinregierende Supermacht“. „Sicher ist Putin kein Engel“, so Grözinger, Autor des interessanten Buches Jesus, der Kapitalist. Das christliche Herz der Marktwirtschaft. Auch dank ihm ist Russland „groß und mächtig genug, um der einzig verbliebenden Supermacht zu trotzen“. Er spricht sich für eine „dezentralisierende Tendenz“ aus, lehnt eine „unipolare Welt“, dominiert von den USA, ab. Wie schon bei Weede deutlich wurde, haben die Libertären wegen ihrer großen Skepsis gegenüber jeder Machtkonzentration eine äußert große Abneigung gegen alle Arten der „Weltregierung“. Es dürfe nicht nur einer das Sagen haben.
Daher begrüßt Grözinger auch den russischen TV-Kanal „RT“ als „Gegenöffentlichkeit“. Nach dem MH17-Absturz über der Ost-Ukraine hätte die „Propagandamaschine des Westens“ nämlich übersteuert. Alles sei „so sehr übertrieben, das auch die denkfaulsten Zeitgenossen merkten, dass da was nicht stimmte.“ Beim „Spiegel“ war „wieder Zeit für reine Propaganda“. Meine Replik: Man muss schon recht denkfaul, ja geradezu blind sein, sieht man nicht, wie nun die Kreml-Propagandamaschine übersteuert.
„eigentümlich frei“ ist eine echte Bereicherung und Belebung der journalistischen Landschaft in Deutschland. Herausgeber A. Lichtschlag müht sich redlich um konsequent liberale Gegenakzente. Auch eine Russland-Konferenz mit einem breiten Spektrum an Rednern und Meinungen ist sicher nur zu begrüßen. Die Libertären müssen nur achtgeben, dass ihre Freiheitsauffassung nicht allzu eigentümlich gerät; dass nämlich die Freiheit des Einzelnen aus dem Blickfeld rutscht. Geopolitik hin oder her: die Freiheit ist überall gefährdet, ob im Westen oder im Osten, und auch in den USA. Bei „Reporter ohne Grenzen“ (keine US-Organisation; die Organisation hat als „Reporters sans frontières“ ihre Wurzeln in Frankreich!) kommt aber eben Russland (wo man sich bekanntlich so frei fühlen kann – für Journalisten gilt dies wohl nicht) im Index der Pressefreiheit 2014 auf einen miserablen Platz 146 in der Welt. Abgesehen von Jamaika und Mini-Staaten wie Andorra und Liechtenstein tummeln sich auf den ersten zwanzig Positionen nur Vasallen des bösen imperialen Regimes, EU- und Nato-Staaten. Dank dieser Pressefreiheit kann sich Petras in der „Gazette“ entleeren und Fasbender in seiner Liebe zum realexistierenden Russland baden. Sei’s drum. Stellt sich jedoch heute ein Tatar auf der Krim auf einen Marktplatz und demonstriert für seine persönliche Sicht der Dinge und gegen die Heimholung seiner Heimat ins russische Reich, muss er damit rechnen, in ein Auto gepackt, verschleppt, gefoltert und mit einem Bolzen im Kopf irgendwo im Grünen entsorgt zu werden. Auch die Familie eines solchen Tartaren wird Putin auf ewig dankbar sein.