In der kurländischen Hauptstadt

In der kurländischen Hauptstadt

Gerade ein gute Autostunde nördlich von Šiauliai liegt eine alte Landeshauptstadt: Jelgava, oder mit deutschem Namen Mitau. Bis zur Einverleibung im Zarenreich Ende des 18. Jahrhunderts war die Stadt an der Lielupė (Kurländische Aa) Sitz der Herzöge von Kurland und Semgallen und Verwaltungszentrum des Herzogtums.

Wie das Herzogtum Preußen ging auch Kurland im 16. Jhdt. aus der ‘Konkursmasse’ des Deutschen Ordens hervor. Albrecht von Hohenzollern, letzter Hochmeister des Ordens, wurde Herzog von Preußen; Gotthard Kettler, Landmeister Livlands, konnte sich 1561 das Herzogtum Kurland sichern; sein Geschlecht herrschte bis Anfang des 18 Jhdts. Zum Staat gehörten Kurland (lettisch heute Kurzeme), das eigentliche ethnische Gebiet der Kuren im Westen,  sowie weiter östlich Semgallen (nach dem Stamm der Semgallen; heute Zemgale). Jelgava befindet sich nicht im geografischen Kurland, war aber die meiste Zeit Hauptstadt des Landes. Riga dagegen ist zwar schon lange das Zentrum des ganzen Baltikums, wurde jedoch erst im 20. Jhdt. mit der Unabhängigkeit Lettlands Regierungssitz.

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Karte des Herzogtums Kurland, um 1600

Kurland war jahrhundertelang ein recht eigenständiger Vasallenstaat Polen-Litauens. Im 17. Jhdt. machten die Fürsten sogar Kolonialpolitik, konnten für recht kurze Zeit die Karibikinsel Tobago erwerben. Auch in Westafrika gab es in Gambia einen kurländischen Stützpunkt. Von der großen Vergangenheit zeugt bis heute das prächtige Schloss der Herzöge in Jelgava. Heute ist darin eine Universität untergebracht. Das Sommerschloss in Rundale, erbaut vom prunkliebenden Grafen Ernst Johann von Biron Mitte des 18. Jhdts., ist ein barockes Kleinod im Norden und Zuschauermagnet – Wiens Schönbrunn in Lettland.

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Schloss Rundale, eine gute halbe Autostunde südöstlich von Jelgava (Foto: Latvia travel)

Ende des 19. Jhdt. entwickelte sich Mitawa (russ.) oder Jelgava zu einem Zentrum der lettischen Nationalbewegung. Riga war ja bis zum I Weltkrieg eine weitgehend deutsch geprägte Stadt. Jelgava kann sich rühmen, die erste Stadt mit einem lettischen Theater, einer lettischen Zeitung und einer lettischssprachigen Hochschule zu sein.

Im II Weltkrieg wurde das eigentliche Kurland vor starken Zerstörungen bewahrt; dort verteidigten Einheiten der Wehrmacht bis Kriegsende den sog. Kurlandkessel. Jelgava (wie auch Šiauliai oder Klaipėda/Memel) wurde jedoch Mitte 1944 weitgehend in Schutt und Asche gelegt. Auch die lutherische Kirche der Hl. Dreifaltigkeit wurde ein Opfer der Kampfhandlungen (übrigens einer der frühesten protestantischen Kirchenneubauten Europas in der zweiten Hälfte des 16. Jhdt.).

Heute zeigt die 60.000-Einwohner-Stadt, dass man auch einem von sowjetischen Bauten dominierten Ort ein neues Äußeres verpassen kann. Die Innenstadt und Promenade der Lielupė wurde in den letzten Jahren geschmackvoll neugestaltet. Die Kirche der Hl. Dreifaltigkeit baute man nicht wieder auf; doch aus dem mächtigen Turm wurde ein Infozentrum mit interaktivem Museum zur Stadtgeschichte und einer gläsernen Aussichtsplattform. Und besonders hervorzuheben ist, dass die gesamte Innenstadt nun für den Fahrradverkehr eingerichtet ist – in Litauen so nirgends zu finden.

Jelgava liegt abseits der großen Touristenströme und ist nicht so schnuckelig wie das vom Krieg verschonte Kuldiga (Goldingen); ein Tagesausflug lohnt trotzdem. Hier nun Bilder vom Trip der Familie Lahayne in die frühere Hauptstadt des Nachbarlandes.

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Rest der Kirche der Hl. Dreifaltigkeit

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Der restaurierte Turm der Kirche

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Traditionelle lettische Webmuster – zum Nachmachen

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Zifferblatt der Kirchturmsuhr von innen

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Die Academia Petrina (benannt nach Herzog Peter von Biron), heute Museum

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Das herzögliche Schloss

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Benjamin (14), Ludvic (7), Isabelle (15), Amelie (9)

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Sitz der lettischen Hochschule für Landwirtschaft

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Russisch-orthodoxe Kirche

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“Geweihtes [heiliges] Wasser” zum zapfen

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In “der “Altstadt” Jelgavas

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Uferpromenade

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Aufgang zur Brücke über die Lielupe

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