300 Jahre Kirche Eschede

300 Jahre Kirche Eschede

Eschede, das „Tor zur Südheide“ im Kreis Celle, liegt eine Autostunde nördlich von Hannover. Im Sommer 1975 zog Familie Lahayne von einem Vorort der niedersächsischen Landeshauptstadt in die Provinz.  Gleich im August gab es damals für Holger und Bruder Olaf schulfrei, denn der Ort war von Rauch überzogen – nur ein paar Kilometer weiter westlich wütete einer der verheerendsten Waldbrände in der bundesdeutschen Geschichte, dem tausende Hektar in den Kreisen Celle, Gifhorn und Lüchow-Dannenberg und mehrere Feuerwehrleute zum Opfer fielen.

1998 wurde der kleine Ort durch eine weitere Katastrophe bundesweit bekannt: das ICE-Unglück vom 3. Juni, bei dem 101 Menschen ums Leben kamen. Unweit der Unglücksstelle wurde ein kleiner Gedenkpark mit je einem Baum für die Toten eingerichtet.

Im vergangenen Kirchenjahr machte Eschede mal wieder positive Schlagzeilen, wenn auch nicht in ganz Deutschland. Die lutherische Kirche im Ort steht seit stolzen 300 Jahren. 1713 wurde an der Stelle eines alten Gebäudes ein neuer Steinbau mit Barockelementen errichtet. Der große Taufengel, inzwischen schon eine Seltenheit, und ein prächtiges Epitaph eines schottisch-hugenottischen Adeligen, General im Hannoverschen Heer und belehnt mit einem Gut in der Nähe, machen den Bau sehenswert. Der hölzerne Glockenturm, typisch für diese Gegend in Niedersachen, steht frei.

In dieser schmucken Kirche hat Holger in Kindheit und Jugend viele viele Stunden verbracht; hier wurde er 1981 konfirmiert, und in dieser Kirche fand im Juli 1997 unsere kirchliche Trauung statt.

Im Festjahr lud die Gemeinde ehemalige Eschedeer ein. Holger predigte am letzten der monatlichen Jubiläumsgottesdienste am 17. November. Hier das Eingangswort des Kirchenboten der Gemeinde aus der Sept.-Nov.-Nummer:

 Liebe Kirchenmitglieder in Eschede,

Christen blicken hoffnungsvoll in die Zukunft, denn sie wissen, dass ihr Erlöser wiederkommen wird. Sie schauen aber auch zurück auf das Werk Jesu, denn darauf ruht der Glaube. Christen leben mitten in der Welt und stellen sich den Herausforderungen der Gegenwart. Doch sie nähren sich auch von dem, was die Väter des Glaubens über Jahrhunderte überliefert haben.

Jeden Sonntag erinnert uns das Gesangbuch an dieses Erbe. Es ist eine geistliche Schatztruhe in Buchformat – wo findet man sonst biblische Lehre so eingängig in Verse gefaßt? Wo gibt es heute eine bessere Darlegung des Evangeliums als in EG 342? In einem der frühesten evangelischen Kirchenlieder stellt Luther-Freund Paul Speratus die ganze Theologie des Heils dar, poetisch und logisch zugleich. An den 490 Jahre alten Strophen muss sich heute jeder moderne Hymnus messen lassen. [s. unten fast alle Strophen]

In diesem Jahr feiert die Kirche in Eschede ihr 300-jähriges Bestehen. Eine Geschichte, reich an Episoden, die ermutigen und von denen wir lernen können. Eine lehrende, tröstende und ermutigende Schrift kann sich ebenfalls eines stolzen Alters rühmen: Vor 450 Jahren erschien in der damaligen Hauptstadt der Kurpfalz der Heidelberger Katechismus – noch so eine Schatzkiste! (Unter Nr. 807 befinden sich im Gesangbuch Auszüge.) Der Heidelberger ist das am weitesten verbreitete und beliebteste Bekenntnis der Protestanten. Ohne Zweifel gehört das unscheinbare Büchlein aus dem Jahr 1563 zu den christlichen Bestsellern aller Zeiten.

Der Katechimus ist berühmt für seine erste Frage: „Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?“ Eine Frage, die immer noch voll ins Schwarze trifft. Was trägt uns wirklich durch im Leben? Worauf können wir uns letztlich verlassen? Und was gibt mir Hoffnung über dieses Leben hinaus? Die Antwort des jungen Autors Zacharias Ursinus hat es in sich: Ich gehöre als Christ nicht mir selbst, sondern Jesus Christus. Ich bin nicht mein eigener Herr, sondern Sein Eigentum, denn Er „hat mit seinem teuren Blut für alle meine Sünden vollkommen bezahlt“. Das ist bis heute Trost und Provokation zugleich. Und das ist die Botschaft, die evangelische Gemeinden durch die Jahrhunderte trägt.

Der Heidelberger ist auch in der kleinen litauischen reformierten Kirche Bekenntnisgrundlage. Für eine Neuausgabe haben Rima und ich die Übersetzung ins Litauische gründlich überarbeitet und eine Einleitung verfaßt. Wir hoffen, dass dieser Diamant in unserem christlichen Schatz in Litauen wie in Deutschland, in jungen wie in alten Kirchen immer neue Leser findet. Leser, die sich „den frischen Wind der Jahrhunderte“ (C.S. Lewis) durch die Köpfe wehen lassen und in ihm den Trost des Evangeliums entdecken.  

Holger Lahayne, Kurator der Synode in der Evangelisch-reformierten Kirche Litauens

 

1. Es ist das Heil uns kommen her
Von Gnad und lauter Güten;
Die Werk, die helfen nimmermehr,
Sie können nicht behüten.
Der Glaub sieht Jesum Christum an,
Der hat für uns genug getan,
Er ist der Mittler worden.

2. Was Gott im G’setz geboten hat,
Da man es nicht konnt halten,
Erhob sich Zorn und große Not,
Vor Gott so mannigfalten.
Vom Fleisch wollt nicht heraus der Geist,
Vom G’setz erfordert allermeist,
Es war mit uns verloren.

3. Es war ein falscher Wahn dabei,
Gott hätt sein G’setz darum geben,
Als ob wir könnten selber frei
Nach seinem Willen leben;
So ist es nur ein Spiegel zart,
Der uns zeigt an die sündig Art,
In unserm Fleisch verborgen.

4. Nicht möglich war, dieselbig Art
Aus eignen Kräften lassen;
Wiewohl es oft versuchet ward,
Doch mehrt sich Sünde ohne Maß:
Denn Gleißnerswerk Gott hoch verdammt,
Und je dem Fleisch der Sünde Schand
Allzeit war angeboren.

5. Doch mußt’das G’setz erfüllet sein;
Sonst wärn wir all verdorben.
Drum schickt Gott seinen Sohn herein,
Der selber Mensch ist worden;
Das ganz Gesetz hat er erfüllt,
Damit seins Vaters Zorn gestillt,
Der über uns ging alle.

6. Und wenn es nun erfüllet ist
Durch den, der es konnt halten,
So lerne jetzt ein frommer Christ
Des Glaubens recht Gestalte;
Nicht mehr, denn: „Lieber Herre mein!
Dein Tod wird mir das Leben sein;
Du hast für mich bezahlet.“

7. Daran ich keinen Zweifel trag;
Dein Wort kann nicht betrügen.
Nu sagst du, daß kein Mensch verzag;
Das wirst du nimmer lügen:
„Wer glaubt an mich und wird getauft,
Demselben ist der Himm’l erkauft,
Daß er nicht wird verloren.“

8. Er ist gerecht vor Gott allein,
Der diesen Glauben fasset;
Der Glaub gibt einen hellen Schein,
Wenn er die Werk nicht lasset.
Mit Gott der Glaub ist wohl daran;
Dem Nächsten wird die Lieb Guts tun,
Bist du aus Gott geboren.

9. Es wird die Sünd durchs G’setz erkannt,
Und schlägt das G’wissen nieder:
Das Evangelium kommt zu Hand,
Und stärkt den Sünder wieder;
Es spricht: „Nur kreuch zum Kreuz herzu!
Im G’setz ist weder Rast noch Ruh’
Mit allen seinen Werken.“

10. Die Werk, die kommen g’wißlich her
Aus einem rechten Glauben;
Denn das nicht rechter Glaube wär,
Wolltst ihn der Werk’ berauben.
Doch macht allein der Glaub gerecht;
Die Werk, die sind des Nächsten Knecht,
Dran wir den Glauben merken.

13. Sei Lob und Ehr mit hohem Preis
Um dieser Guttat willen,
Gott Vater, Sohn, Heiligem Geist!
Der woll mit Gnad erfüllen,
Was er in uns ang’fangen hat,
Zu Ehren seiner Majestät,
Daß heilig werd sein Name.

14. Sein Reich zukomm, sein Will auf Erd
G’scheh wie im Himmelsthrone;
Das täglich Brot noch heut uns werd;
Woll unser Schuld verschonen,
Wie wir auch unsern Schuldnern tun;
Laß uns nicht in Versuchung stehn;
Lös’ uns vom Übel. Amen!