Beistand aus der Oberpfalz

Beistand aus der Oberpfalz

Im vergangenen Sommer beschloss die Nato, an der Ostflanke des Bündnisses multinationale Truppenkontingente zu stationieren. Das Nato-Programm der „verstärkten Vornepräsenz“ (Enhanced Forward Presence) sieht vor, dass in den baltischen Staaten und Polen Gefechtsverbände der Bündnispartner rotierend anwesend sind. Auch diese Einheiten in Bataillonsstärke könnten die Länder nicht gegen einen russischen Angriff verteidigen. Die Präsenz von Truppen westlicher Nato-Staaten vor Ort soll aber als Signal an den Kreml wirken und wie ein Stolperdraht funktionieren und so eine Aggression durch Abschreckung verhindern.

Das Bataillon in Litauen steht unter der Führung Deutschlands. Etwa eintausendzweihundert Männer und Frauen werden für jeweils sechs Monate im Land sein. Etwa die Hälfe der Soldaten kommt von der Bundeswehr, den Rest stellen Bündnispartner wie Frankreich, Belgien, Norwegen und Kroatien. Es handelt sich um eine kampffähige Einheit, die auch über Panzer verfügt (Boxer, Marder, Leopard). Im Juni soll das Bataillon voll einsatzfähig sein.

Im Januar hatte ein kleines Vorauskommando die Ankunft der ersten Bundeswehreinheit in Rukla, nördlich von Kaunas, vorbereitet. Am 1. Februar traf dann ein erster großer Schwung mit zwei Transall-Transportmaschinen auf dem Flughafen von Kaunas ein: Die ersten siebzig Bundeswehrsoldaten marschierten über das Rollfeld.

„Wir sind hier, um wirklich ein starkes Zeichen der Bündnissolidarität zu setzen“, sagte Oberstleutnant Christoph Huber, der Kommandeur des Nato-Bataillons, der Deutschen Presse-Agentur. Huber ist Chef des Panzergrenadierbataillons 122, stationiert in Oberviechtach in der Oberfalz, unweit der Grenze zu Tschechien. Im Verlauf des Monats wird das deutsche Kontingent weitgehend vervollständigt, rund 200 Militärfahrzeuge, darunter 20 „Marder“-Schützenpanzer und sechs „Leopard 2“-Kampfpanzer werden herangeschafft.

Erstmals seit dem Abzug der Roten Armee 1993 sind damit wieder – außerhalb von Manövern – schwere Panzer in Litauen stationiert. Auf russischen Propaganda-Plattformen wie „Sputniknews“ wird bald sicher entsprechende Kritik zu finden sein. Gerne erinnert man dort an das letzte Mal, als deutsche Panzer hier durch die Gegend rollten – vor 75 Jahren. Aber wie einst im Fall von West-Berlin zeigen die Zahlen ja, dass es hier um symbolische Abschreckung geht. Das Angriffspotential des Bataillons ist gleich null. In den westlichen Millitärbezirken Russlands stehen Hunderte Kampfpanzer, die auch weiterhin das Baltikum problemlos überrollen könnten.

Litauen sei ein „Land im tiefsten Frieden“, so Kommandeur Huber. Und in der Bundeswehr ist man sicher beruhigt, dass es „keinerlei Anzeichen“ für einen drohenden Ernstfall gäbe. In Litauen hofft man, dass dies so bleibt. Und man tut selbst alles Nötige. Der Stab der litauischen Armee arbeitet intensiv, um dies recht große Kontigent angemessen unterzubringen. Zum Größenvergleich: Den Kern des litauischen Heeres bildet die Brigade „Eisener Wolf“ mit vier Bataillonen. Die Nato-Einheit macht etwa ein Siebtel der Heeresstärke Litauens (ohne aktive Reserve) aus.

Trotz schon mancher Äußerung über eine „überflüssige“ Nato, die im Baltikum Unruhe aufkommen ließ, wird auch der neue US-Präsident Staaten wie Litauen sicher nicht abstrafen und dem Schutz der USA entziehen. Schließlich hat das Land sein zuvor tatsächlich recht mageres Verteidigungsbudget im letzten Jahr drastisch erhöht, arbeitet also an den nötigen Hausaufgaben. In diesem Jahr werden die ersten Boxer-Radpanzer an Litauen ausgeliefert werden – die größte Rüstungsbeschaffungsmaßnahme der jüngsten Zeit.

Hier ein Video des litauischen Verteidigungsminsteriums über die Ankunft der ersten Deutschen in Kaunas.

(Foto o.: KAM)